Europa ohne Großbritannien? Optimisten setzen darauf, dass mit dem Brexit die Euro-Zone umso attraktiver wird und die noch fehlenden sieben EU-Staaten sich um die Aufnahme bemühen Foto: dpa

Die EU-Kommission hat Überlegungen zur Reform der Euro-Zone bis zum Jahr 2025 vorgelegt.

Brüssel - Gut 15 Jahre nach seiner Einführung ist der Euro nach dem Dollar die wichtigste Währung in der Welt geworden. 340 Millionen Europäer in 19 von 28 Mitgliedsstaaten benutzen ihn. 60 weitere Länder und Gebiete, wo zusätzlich noch einmal 175 Millionen Menschen leben, haben ihre Währung an den Euro gekoppelt. Mittlerweile hat der Euro mit 72 Prozent auch wieder ordentliche Zustimmungswerte bei der Bevölkerung. In der immer noch nicht überwundenen Staatsschulden- und Griechenlandkrise ist aber auch klar geworden, dass der Euro handfeste Schwächen hat. Jetzt nimmt die Debatte um die Reform der Euro-Zone Fahrt auf. Der neue französische Präsident Emmanuel Macron hat die Diskussion angestoßen, Kanzlerin Angela Merkel war gut beraten, sich offen für Reformen zu zeigen. Nun hat die EU-Kommission erste Überlegungen für Anpassungen in der Währungsunion bis zum Jahr 2025 vorgelegt.

Webfehler der Währung

Der Euro krankt daran, dass unterschiedlich strukturierte Volkswirtschaften sich zu einem Währungsraum zusammen geschlossen haben, ohne die Wirtschafts- und Sozialpolitiken miteinander zu verschmelzen. Auch die Haushaltspolitik ist von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat anders akzentuiert. Die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten lassen sich nicht mehr durch das Abwerten von Lira, Francs oder Drachme beseitigen wie in Zeiten vor seiner Einführung. Eigentlich wäre es da nötig, einen Finanzausgleich zwischen den Euro-Mitgliedsstaaten vorzunehmen. Daran ist aber selbst in ferner Zukunft nicht zu denken. Die Vorbehalte gerade in Deutschland wären auch nicht zu überwinden. Die Nationalstaaten wollen ihre Souveränität nicht so weit aufgeben, dass sie zu einem Bundesstaat in Europa werden. Wenn das Nicht-Euro-Land Großbritannien im März 2019 aus der EU ausscheidet, wird das Gewicht der Euro-Länder in der EU automatisch größer. Die Kommission setzt keine Frist, sie bekennt sich aber zum Ziel, dass möglichst viele Mitgliedsländer den Euro einführen. Dänemark hat sich vertraglich ausbedungen, nicht mitmachen zu müssen. Alle anderen Mitgliedsländer, die noch ihre eigene Währung haben, sind aufgerufen mitzumachen. Optimisten setzen darauf, dass mit dem Brexit die Euro-Zone dann umso attraktiver wird und die noch fehlenden sieben EU-Staaten sich um die Aufnahme bemühen. Man will auch mehr dafür tun, das Vertrauen in den Euro zu stärken.

Gemeinsame Arbeitslosenversicherung?

Früher hieß es Wirtschaftsregierung: Die Kommission will, dass die Länder der Euro-Zone in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik an einem Strang ziehen. Dadurch soll die Währungsgemeinschaft zu einem Gebilde werden, in dem es nicht mehr so gravierende Unterschiede beim Wirtschaftswachstum, der Arbeitslosigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gibt. Dafür will die Kommission den Mitgliedsstaaten noch stärker als bisher Ratschläge und technische Assistenz geben. Frühestens 2025 soll es dafür zu konkreten Maßnahmen kommen. Denkbar ist etwa eine gemeinsame Einlagensicherung für die Banken der Euro-Zone. Die Sozialsysteme sollen zwar nicht zusammen gelegt werden. Die deutsche Rentenversicherung etwa soll weiter selbstständig bleiben. Denkbar sei aber eine Art Rückversicherung für die Arbeitslosenversicherung der Mitgliedsstaaten. Das heißt: Es soll womöglich ein Fonds entstehen, der Länder unterstützt, die von Massenarbeitslosigkeit betroffen sind. Die Kommission betont jedoch, es sei nicht an die Schaffung von permanenten Finanztransfers zwischen den Mitgliedsstaaten gedacht. Auch ein neues Finanzinstrument wird in Erwägung gezogen, das notwendige Investitionen im Krisenfall eines Euro-Landes sichern soll. Damit würde sich in ferner Zukunft auch die Schaffung eines eigenen Euro-Haushaltes abzeichnen.

Finanzminister der Euro-Zone

Auch die Institutionen in der Euro-Zone sollen reifen. So könnte das Europaparlament Kompetenzen bei der Überwachung der Euro-Zone bekommen. Ein gestärktes EU-Parlament könnte damit bei der nächsten Europa-Wahl punkten. Bislang fällen die Finanzminister in der Euro-Gruppe wichtige Entscheidungen. Ihr Chef, derzeit der Niederländer Jeroen Dijsselbloem, ist Finanzminister eines Euro-Landes. Das könnte sich ändern: Die Kommission hat Sympathien dafür, einen Kommissar zum Chef der Euro-Gruppe zu machen. Er könnte dann den Titel Euro-Finanzminister tragen. Auch die Schaffung eines Europäischen Währungsfonds wird erwogen. Dies passt zu Plänen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der den in der Krise geschaffenen ESM zu einem Währungsfonds in der Euro-Zone ausbauen will.