Michael Geißler hält Schulschließungen aktuell für den falschen Weg. Foto: /Horst Rudel

Der renommierte Esslinger Virologe hält den Zeitpunkt in Baden-Württemberg noch nicht für gekommen – und warnt vor Risiken.

Esslingen - Der Medizinische Direktor des Klinikums Esslingen und international renommierte Virologe, Michael Geißler, lehnt zum aktuellen Zeitpunkt eine flächendeckende Schließung der Schulen in Baden-Württemberg vehement ab. Der Durchseuchungsgrad im Land und die Zahl der schwer erkrankten Patienten sei in Baden-Württemberg – anders als in Nordrhein-Westfalen – noch nicht so hoch, dass dieser Schritt aktuell geboten sei.

Die Betreuung muss geklärt sein

„Eine Schließung der Schulen kommt überhaupt erst infrage, wenn die Politik nachvollziehbare Antworten darauf gibt, wie die Betreuung der Kinder in der schulfreien Zeit geregelt werden kann“, sagte Geißler. Wenn von Montag an die Schule ausfalle, müssten viele Eltern zwangsläufig zu Hause bleiben, um die Betreuung sicherzustellen.

Im schlimmsten Fall würden die berufstätigen Eltern den Nachwuchs in den kommenden Wochen zu den Großeltern bringen. Da Kinder aber auch symptomfrei das Coronavirus in sich tragen könnten, würden dann genau die Gruppe, die am meisten durch das Virus gefährdet sei, infiziert. Das könne und sollte nicht das Ziel der Politik sein, so Geißler.

Geißler schlägt Schulungen vor

Sein Vorschlag: Die Gesundheitsämter sollten in den kommenden Tagen in die Schulen gehen und Schüler und Lehrer mit den grundsätzlichen Hygiene-Regeln vertraut machen. Michael Geißler: „Wissenschaftliche Studien zeigen eindeutig, dass die Rate der Infizierten auf diese Weise signifikant gesenkt werden kann.“

Das generelle Ziel, den Zeitraum der Infizierung zu strecken, um das Gesundheitssystem zu entlasten, sei richtig. Wie lange die Pandemie den Alltag beeinflussen werde, könne man noch nicht genau sagen. Ernstzunehmende wissenschaftliche Studien gingen aber davon aus, dass der Höhepunkt der Infektionen im Sommer erreicht sein werde.