Klinik-Notaufnahmen werden derzeit bundesweit geradezu überlaufen. Foto: dpa

Das Klinikum Karlsruhe reagiert auf den enormen Zustrom von Patienten. Leichte Fälle müssen zum klinikeigenen Hausarzt, sagt der Medizinische Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes.

Karlsruhe - Das Städtische Klinikum Karlsruhe hat auf die zunehmenden Selbsteinweisungen von Patienten in Krankenhäuser reagiert, die dort nicht hingehören. Für sie bietet es seit einigen Monaten tagsüber eine ambulante hausärztliche Notfallversorgung an. Wir befragten den Medizinischen Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes zu dem Karlsruher Konzept.

Herr Hennes, Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die an Kliniken angesiedelt sind, gibt es viele. Aber eine hausärztliche Versorgung im Klinik-MVZ, wie das Klinikum Karlsruhe sie anbietet, ist noch eine Seltenheit. Warum gehen Sie voran?
Weil wir mit unseren Ressourcen haushalten müssen. Nur so können wir uns um die Patienten kümmern, die wirklich unter unseren Versorgungsauftrag fallen. Das sind die schwerer erkrankten und die verletzten Patienten. Die Krankenhäuser werden aber derzeit auch tagsüber regelrecht überrannt von Leuten, die eigentlich gar nicht ins Krankenhaus gehören, weil sie keine Notfallpatienten sind.
Wie ist das zu erklären?
Früher kamen die Patienten überwiegend durch den Rettungsdienst in die Klinik. Mittlerweile kommen sie mit dem Auto oder zu Fuß und weisen sich selbst ein. Der eine kommt, weil es ihm beim niedergelassenen Arzt zu lange dauert. Ein anderer, weil er bei uns besser parken kann. Die Leute sind einfach da, und jedes Jahr werden es fünf bis zehn Prozent mehr. Inzwischen haben wir etwa 75 000 Notfälle jährlich, darunter 25 000 Kinder. Zwei von drei Notfallpatienten werden nach einer ambulanten Versorgung wieder nach Hause entlassen.
Sie haben auf diesen Ansturm reagiert. Erklären Sie uns bitte Ihr Konzept?
Grundsätzlich gilt: Wer bei uns den Fuß aufs Gelände setzt und behauptet, er hätte ein medizinisches Problem, muss von einem Arzt gesehen werden. Alles andere wäre laut Gesetz unterlassene Hilfeleistung. Wir versuchen also, den Patientenstrom zu kanalisieren. Es geht darum, möglichst beim ersten Kontakt zu erkennen, wie schwer jemand erkrankt oder verletzt ist.
Wie geht das?
Über ein sogenanntes Triage-Systeme. Wir haben umgebaut und mehrere Kabinen eingerichtet im Bereich der zentralen Notaufnahme. Dort ist es speziell geschulten Pflegekräften und Ärzten möglich, die Erkrankungsschwere durch wenige Fragen und ganz einfache Untersuchungen zu erfassen. Nur wer schwerer erkrankt oder verletzt ist, geht in die zentrale Notaufnahme. Alle anderen gehen in die ambulante Versorgung. Da die Leute zunehmend auch tagsüber kommen, haben wir uns überlegt, selbst eine solche ambulante Schiene anzubieten. Dafür steht seit Februar tagsüber die hausärztliche Notfallpraxis in unserem MVZ bereit, die immer mit einem Arzt besetzt ist. Zwei Internisten, die zugleich auch in der zentralen Notaufnahme arbeiten, teilen sich den Job.
Wer bezahlt sie?
Die Kollegen rechnen über die Kassenärztliche Vereinigung ab. Unser Angebot ist nur deshalb möglich geworden, weil es in Karlsruhe einen freien Hausarztsitz gab.
Was ist die Aufgabenbeschreibung der beiden Ärzte?
Sie machen ausschließlich ambulante Notfallversorgung, denn wir wollen definitiv nicht in einen Wettbewerb mit niedergelassenen Ärzten eintreten. Unsere Mediziner beschränken sich auf einen einmaligen Patientenkontakt. Das heißt, die Patienten werden nicht wieder von uns einbestellt. Wir wollen keine regelhafte hausärztliche Betreuung. Die ist und bleibt Aufgabe der niedergelassenen Kollegen.
Wie ist das Angebot angelaufen?

Die hausärztliche Notfallpraxis läuft gut an, die zentrale Notaufnahme wurde deutlich entlastet. Wir können uns dort jetzt besser auf Patienten konzentrieren, die wirklich ins Krankenhaus gehören.

Wird das Karlsruher Modell Schule machen?
Unser Modell ist sicher keine Blaupause, die man anderswo eins zu eins umsetzen kann. Ich sehe aber gewisse Chancen für unseren Ansatz vor allem in Ballungsgebieten. Dort gibt es große Kliniken mit entsprechendem Notfallaufkommen, die ihre Ressourcen ebenfalls auf Patienten konzentrieren müssen, die tatsächlich im Krankenhaus behandelt werden müssen.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.suchtpatienten-in-leonberg-rettung-in-sicht. 88909cc5-75eb-4dde-bedf-128c49124ffb.html