Alle aktuellen Informationen zum S-Bahn-Netz, wie hier 2011 am Abgang zum Tiefbahnsteig unterm Hauptbahnhof, sollen ab 2014 vom zentralen Ansagezentrum aus gesteuert werden. Foto: dpa

Die Bahn will die S-Bahn mit zusätzlichen Investitionen in die Infrastruktur und die Abfertigung im Innenstadttunnel wieder pünktlicher machen. Bis Juni 2014 sollen alle S-Bahnhöfe mit Internet-Kameras ausgestattet werden. Außerdem sollen die Fahrgäste künftig viel besser informiert werden.

Stuttgart - Eine Verspätung der S-Bahn ist lästig. Fast noch lästiger ist für viele Fahrgäste, wenn sie nicht erfahren, was los ist. „Für mich als tägliche Nutzerin ist die fehlende Informationspolitik ausgesprochen ärgerlich“, schreibt etwa Sabine Vetter aus Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) in einem Leserbrief. „Die S-Bahn fällt aus und dann kein Hinweis, wann die nächste Fährt ist, oder es gibt sogar falsche Informationen. Also kann ich nicht rechtzeitig reagieren, etwa einen Teil meiner Strecke mit dem Auto fahren, und komme zu spät zur Arbeit.“

Reaktionen wie diese kennen die Bahn und der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS), weshalb Vertreter der DB Station & Service und des VVS beim jüngsten S-Bahn-Gipfel des regionalen Verkehrsausschusses Rede und Antwort standen. „Wir sind derzeit mehr als unzufrieden mit der Situation“, räumte der Leiter des Regionalbereichs Südwest, Sven Hantel, ein. Hantel eröffnete die Aussicht auf Verbesserungen. So soll bis Ende des Jahres ein vierter Arbeitsplatz im regionalen Ansagezentrum im Hauptbahnhof eingerichtet werden. Dafür seien fünf Mitarbeiter einzustellen, um den Schichtdienst übers Jahr besetzen zu können.

Nötig wird dies, weil die Bahn-Tochter die Fahrgastinformation zurzeit umbaut und alles im Ansagezentrum bündeln will, was bisher an verschiedenen Stellen in der Region passiert. 66 von 82 S-Bahn-Stationen sind bereits mit Internet-Kameras (Webcams) ausgerüstet, die es den Experten im Hauptbahnhof ermöglichen sollen, Ansagen speziell für einzelne Bahnhöfe machen zu können. Die restlichen 16 sollen bis Juni 2014 folgen, darunter Bad Cannstatt, Universität und Vaihingen. Bereits im Dezember sollen die 331 LCD-Zuganzeiger an den Bahnhöfen vom Ansagezentrum aus bestückt werden. Auf diesen können über dem Zielort, etwa Schorndorf, Informationen zum Zug und darunter allgemeine Infos zu einem Streik oder zum Wetter stehen. Die Laufbänder, die auch auf Anzeigetafeln wie an der Rolltreppe zum Tiefbahnsteig im Hauptbahnhof zu sehen sind, werden bisher automatisch aus dem Bahnsystem versorgt.

„In der Hauptverkehrszeit sind 51 S-Bahnen gleichzeitig betroffen“

Ebenfalls bis Dezember sollen die Lautsprecheranlagen von zunächst 58 Stationen vom Ansagezentrum aus bedient werden. Entlang der S 2 und S 3 sowie von großen Teilen der S 1 werden die Ansagen schon heute von hier aus gemacht. Den Rest erledigen die Fahrdienstleiter von den Stellwerken in Vaihingen und Zuffenhausen aus. Bis Dezember investiert die DB Station & Service nach Angaben von Hantel 3,8 Millionen Euro in das Projekt regionaler Ansager. Weitere 1,6 Millionen Euro sollen folgen.

Bei der Sitzung wurde deutlich, wie groß die Auswirkungen einer Störung im Innenstadttunnel sind, wenn etwa – wie im Juni geschehen – ein Betrunkener auf den Gleisen gesehen wird, der sich dann aber nicht so schnell finden lässt. „In der Hauptverkehrszeit sind 51 S-Bahnen gleichzeitig betroffen“, erklärte S-Bahn-Chef Hans-Albrecht Krause, „da dauert es rund 30 bis 40 Minuten, bis wir in einem stabilen Störfallbetrieb sind.“ Das heißt, dass einzelne Linien früher wenden, umgeleitet werden oder Ersatzbusse fahren. Der Disponent, der sich von Karlsruhe aus für das richtige Konzept entscheiden muss, „hat einen hohen Blutdruck“ (Sven Hantel) und keinen Kopf für Fahrgastinformation. Diese läuft zurzeit über verschiedene Computerkanäle, und S-Bahn-Chef Krause räumt ein: „Wir sind noch nicht so weit, alle Infos gleichzeitig an alle Stellen zu bringen.“ Deshalb kann es passieren, dass das Internet einen Zug schon als ausgefallen meldet, den der Anzeiger am Bahnsteig noch ankündigt. Vorerst sollen nur noch linienbezogene Informationen verkündet werden, um kein falschen Aussagen zu einzelnen Zügen mehr zu machen.

Krause stellt eine Software in Aussicht, die es dem Disponenten ermöglicht, quasi nebenher alle wichtigen Kanäle gleichzeitig zu bedienen. Dazu gehören neben dem Ansagezentrum auch die Service-Mitarbeiter auf dem Bahnsteig am Hauptbahnhof und die Elektronische Fahrplanauskunft (Efa) auf der VVS-Homepage. Auch das VVS-Infoangebot zu Störungen soll 2014 besser werden.

Die Bahn-Software ist laut S-Bahn-Chef Krause so kompliziert, dass sie erst 2015 oder 2016 fertig werden dürfte und „einen erklecklichen zweistelligen Millionenbetrag“ kostet. Da die S-Bahnen in München und Frankfurt aber ähnliche Probleme mit der Fahrgastinformation hätten wie Stuttgart, läuft die Investition über die DB-Bundesebene. Mit dem Gesamtpaket sollen die Fahrgäste dann möglichst zuverlässig erfahren, was wirklich los ist im S-Bahn-Netz.