Nikolai B. Forstbauer im Gespräch mit dem Sammler und Unternehmer Peter W. Klein Foto: Steffen Schmid

Er setzt auf eine enge Kooperation von privaten und öffentlichen Museen und will da selbst Vorbild sein. An diesem Dienstag war der Unternehmer und Sammler Peter W. Klein Gast unserer Reihe „Über Kunst“ in der Galerie Klaus Gerrit Friese.

Stuttgart - „Privatsammler“, sagt Peter W. Klein, selbst Sammler und Unternehmer, am Dienstagabend in der Galerie Klaus Gerrit Friese in Stuttgart, „sollen Zeichen setzen.“ Klein ist Gast in der Veranstaltungsreihe „Über Kunst“ unserer Zeitung. Er erhält großen Applaus für seine Aussage – denn ein deutliches Zeichen hat er soeben selbst gesetzt.

Wenige Augenblicke zuvor gab Peter W. Klein im Gespräch mit Nikolai B. Forstbauer, Kulturressortleiter der Stuttgarter Nachrichten, bekannt, er werde „Gewitter am Abend“, ein bedeutendes Gemälde aus dem Spätwerk von Otto Dix aus dem Jahr 1942, kaufen und so, als Dauerleihgabe, für das Kunstmuseum Stuttgart sichern.

Als Leihgabe gehörte das Bild der Sammlung des Kunstmuseums bereits an. Dass die bisherigen Besitzer des Werkes diese Leihgabe aufkündigten, sagt Ulrike Groos, die Leiterin des Museums, im Anschluss an den „Über Kunst“-Abend, stellte einen Schock dar. Über den Freundeskreis des Kunstmuseums kam der Kontakt zu Klein zustande, der prompt reagierte. „Das Engagement von Peter W. Klein“, so Ulrike Groos am Dienstagabend, „ist vorbildlich, denn für die Museen ist das Thema der Dauerleihgaben ein Problem der Gegenwart und Zukunft. Zu sehen, dass Privatmenschen sich für die Erhaltung von zentralen Arbeiten einer Museumssammlung so begeistern, dass sie diese spontan für das Museum kaufen, macht Hoffnung für die Zukunft.“

Klein selbst sieht für diese Zukunft eine noch engere Kooperation zwischen privaten und öffentlichen Museen voraus. Der Unternehmer und Kunstsammler aus Nussdorf, einem Teilort der Gemeinde Eberdingen, eröffnete in seinem Heimatort 2007 selbst ein privates Kunstmuseum, „Kunstwerk“ benannt. Klein weiß um die problematische Situation der öffentlichen Museen, erklärt sich mit ihnen allerdings auch durchweg solidarisch: „Als Privatsammler“, sagt er, „habe ich natürlich einen Vorteil. Aber den möchte ich eigentlich gar nicht – für mich sind nach wie vor die öffentlichen Museen die Eckpfeiler der Kunst.“ Klein ist ein Sammler, der die Ausstellungspraxis der öffentlichen Museen in der Gegenwart weder kritisiert noch die Definitionshoheit der Museen im Hinblick auf die historische Bedeutung von Kunstwerken infrage stellt. „Wie es zurzeit gemacht wird“, sagt er, „ist es gut. Aber in der Zukunft werden sich alle ein bisschen mehr zur Decke strecken müssen.“

Für Peter W. Klein bedeutet das: Öffentliche und private Sammler sollten stärker kooperieren, die privaten sich in der Pflicht sehen, die Institution Museum zu unterstützen und zu erhalten. „Die Welt hat sich gewandelt“, sagt er, „die öffentlichen Kassen haben kein Geld mehr, und auch die Kunstmuseen müssen dem ins Auge sehen. Wir privaten Sammler sind es eigentlich, die heute den Markt am Laufen halten und jungen Künstlern die Möglichkeit geben, Anerkennung zu erlangen.“

Mäzenatentum und eine enge Kooperation mit den öffentlichen Museen könnten für ihn, nach US-amerikanischem Vorbild, ein Weg in die Zukunft sein: „Da werden viele Dinge kommen, über die wir heute noch gar nicht nachdenken“, sagt er. „In Zukunft müssen weitere Netzwerke gespannt werden.“

Peter W. Klein, geboren 1947 in Stuttgart, begann in den 1980er Jahren gemeinsam mit seiner Frau Alison, die Kunstsammlung aufzubauen, die er seit 2007 nun in Nussdorf öffentlich präsentiert. 2007 verkaufte er die Rectus AG in Nussdorf, konzentrierte sich auf das Geschäft mit Immobilien und erwarb den ehemaligen Landsitz Glenmere Mansion nahe New York, den er zu einem hochklassigen Hotelbetrieb umgestaltete. Auch dort sind Kunstwerke zu sehen – allerdings, wie Klein einräumt, bewusst auf die Klientel abgestimmt.

New York und Nussdorf sind zwei Pole im Leben des Sammlers und Unternehmers Klein – und im „Über Kunst“-Gespräch bekennt er sich ebenso sehr zu seiner schwäbischen Heimat wie zum sozialen Engagement, das für ihn schon früh einen wichtige Rolle spielte. Die Kunstwelt sei ihm dabei zunächst fremd gewesen, sagt Klein, und seine ersten Kontakte schildert er nun rückblickend nicht ohne Humor.

Beim Besuch einer Ausstellungseröffnung kam er ins Gespräch mit dem Künstler Wolfgang Kappis und war frappiert. „Ich entdeckte, dass es eine Welt außerhalb der Firma gab“, erzählt er, „und ich sagte zu meiner Frau: Diese Szene müssen wir kennenlernen.“ Klein erwarb ein Werk von Kappis, verbrachte daraufhin aber einige unruhige Nächte, in denen er sich Gedanken machte über den Preis der Kunst. „Ich habe viele Freunde“, sagt er, „die über diesen Aspekt nie hinweggekommen sind, darüber, dass sich dieser Preis nicht nachvollziehen lässt. Ich allerdings habe das damals in zwei, drei Nächten gelernt.“

Als Sammler von Kunst schlug das Ehepaar Klein einen bewusst eigenwilligen Weg ein: „Eigentlich“, sagt Peter W. Klein, „hätten wir die Kunst unserer Generation sammeln müssen, die Neuen Wilden zum Beispiel. Aber wir waren damals so besessen, wir haben einfach alles gekauft.“ Eine Abneigung gegen Zeitströmungen ist dem Sammlerpaar bis heute geblieben: „Ich hasse Hypes“, sagt Klein. Und: „Wir sind beratungsresistent. Wir kaufen nur, was uns gefällt. Je länger ein Galerist auf uns einredet, desto weniger sind wir interessiert.“

Kunst mit Fotografie – mit Arbeiten etwa von Shirin Neshat und Tracey Moffat – stellt einen Schwerpunkt in der Sammlung der Kleins dar. Wobei Klein dem Thema erst mit Skepsis begegnete, dann aber auch seine Frau Alison dafür begeistern konnte. Das Interesse an der Kunst mit Fotografie? „Bleibt“, sagt Klein – 2015 wird der Fotopreis der Stiftung Klein wieder vergeben.

Und das Thema Vermittlung? Peter W. Klein kommt noch einmal ins Schwärmen. Die Vermittlung von Kunst, sagt er, verlaufe für ihn in Nussdorf, im Museum Kunstwerk, noch ein Stück selbstverständlicher als etwa in den Kunsteinrichtungen in Stuttgart. „Dort“, sagt Klein, „gibt es keine Schwellenangst.“ Die örtlichen Schulen, erzählt Klein, seien nahezu täglich zu Gast, im Kunstwerk, und nicht selten kämen die Schüler dieser Schulen auch am Wochenende wieder und brächten ihre Eltern mit. Der zwischen Nussdorf und New York reisende Sammler zeigt sich zufrieden: „Ich wollte meinem Dorf etwas zurückgeben“, sagt er, „ich wollte es auf die Landkarte bringen.“