Die neue Rektorin der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart, Petra von Olschowski, skizziert in unserer Veranstaltungsreihe "Über Kunst" die künftigen Herausforderungen Foto: StN

Die neue Rektorin der Kunstakademie Petra von Olschowski in unserer Reihe "Über Kunst".  

Am 26. Oktober wird Petra von Olschowski (45) mit einem Festakt offiziell in ihr Amt als neue Rektorin der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart eingeführt. Als Gast in unserer Veranstaltungsreihe "Über Kunst" skizzierte sie indes bereits die Herausforderungen.

Wenn noch immer gilt, dass sich jemand, der Geburtstag hat, etwas wünschen darf, dann wüsste Petra von Olschowski gleich zwei Wünsche. "Die Idee des Akademie-Campus einlösen zu können und einen Ausstellungsraum in der Innenstadt, um die Achse Weißenhof-Innenstadt zu verstärken und die Experimente und Arbeiten unserer energiegeladenen Studierenden einem breiten Publikum zeigen zu können", sagt von Olschowski am Montagabend beim 10. Abend unserer Veranstaltungsreihe "Über Kunst" in der Galerie Klaus Gerrit Friese in Stuttgart. 2011 wird die einstige Académie des Arts ihr 250-jähriges Bestehen begehen. Doch die erste Frau am Steuer der Akademie möchte das Jubiläum nicht nur als repräsentatives Ereignis feiern. "Es geht in erster Linie um die Studierenden - und dies muss deutlich werden", sagt von Olschowski im Gespräch mit Nikolai B. Forstbauer, Kulturressortleiter unserer Zeitung.

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Vor ihrer Berufung auf den Weißenhof lenkte Petra von Olschowski acht Jahre lang die Kunststiftung Baden-Württemberg. Gibt es Erfahrungen, die sie als Nachfolgerin von Ludger Hünnekens (seinerseits seit 1. Oktober Geschäftsführer des Museums Frieder Burda in Baden-Baden) auch im neuen Amt umsetzen will? "Wir haben gemerkt", sagt von Olschowski, "wie viele offene Fragen es auf dem Weg von den Kunst- und Musikhochschulen auf den freien Markt gibt." Die Einrichtung des Kunstbüros, einer Servicestelle unter dem Dach der Kunststiftung, war die Konsequenz. "Das ist sicher der richtige Weg", sagt die Kunstwissenschaftlerin. Doch vor möglichen Zukunftskonzeptionen steht die nüchterne Gegenwart. "Die Umsetzung der Bologna-Reform mit der Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge", sagt von Olschowski, "kostet die Akademie viel Geld." Zwar hätten die Studiengebühren in Baden-Württemberg den höheren Betreuungsaufwand zunächst abgefangen; "doch nun greift die Geschwisterregelung, nach der in Baden-Württemberg das dritte Kind einer Familie von den Studiengebühren befreit ist". In Zahlen heißt das: "Uns fehlen 200.000 Euro im Haushaltsjahr."

"Kunsthochschulen müssen sich zu Wort melden"

Doch von Olschowski sieht bereits "eine zweite, ganz wichtige Frage" - welche Bedeutung nämlich die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Schuljahren (G 8) für die Kunsthochschulen hat. "Schon von 2012 an", macht sie deutlich, werden unsere Studienanfänger 17-Jährige sein, bei früherer Einschulung sogar 16-Jährige." "Ganz praktische Fragen" ergäben sich. Etwa: "Wie gestalten wir dann Exkursionen, wenn Studierende nicht einmal volljährig sind?" Und noch ein G-8-Problem spricht von Olschowski an: Da die Verkürzung der Schulzeit zur Reduzierung der musischen Fächer geführt habe, sei der Zugang von Abiturienten zu Studienfächern wie bildender Kunst, Design oder Architektur deutlich erschwert. "Ich jedenfalls", sagt von Olschowski, die ihrem Studium eine kaufmännische Ausbildung voranstellte, "hätte mich mit 16 oder 17 Jahren gegen die Ratschläge meiner Eltern nicht durchgesetzt." "Vermutlich", sagt sie und lacht, "hätten sie mir zu Jura oder Physiotherapeutin geraten - eben etwas Eindeutigem und Praktischem." Für von Olschowski ist deshalb klar: "Hochschulpolitik wird nicht mehr länger vorwiegend von den Universitäten gemacht werden." Und: "Die Kunsthochschulen müssen sich hier deutlich zu Wort melden. Sonst wachen wir eines Tages auf, und kaum jemand will mehr Kunst studieren", warnt sie.

Zuletzt ist für von Olschowski auch dies klar: "Der Wettbewerb der Hochschulen untereinander wird heftiger werden." Etwa um die Bachelor-Absolventen. Die Frage sei: "Wie bewegen wir 20- und 21-Jährige mit einem vollwertigen Bachelor-Abschluss dazu, ihr Studium bei uns fortzusetzen?"

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Die positiven Akzente? "Wir werden den Dialog mit der Filmakademie Baden-Württemberg vertiefen", sagt von Olschowski, zudem wolle man die Bande mit der über die Bühnenbildner bereits eng mit der Kunstakademie verbundene Akademie für Darstellende Kunst stärken. "Die große Chance der Stuttgarter Akademie", betont sie, liege ja gerade in der Gleichzeitigkeit angewandter Fächer und der Angebote der Freien Kunst. Als Beispiel nennt Petra von Olschowski das Architekturstudium auf dem Weißenhof. "Stuttgart", sagt sie, "ist eine Architekturstadt, bietet in der Ausbildung und in der Lehre mit der Akademie, der Universität und der Fachhochschule drei ganz unterschiedliche Wege." Gerade dies, so von Olschowski, biete über Kooperationen "den Raum, sich etwa dem gerade für Stuttgart wichtigen Thema Stadtentwicklung neu zu nähern".

Lassen sich Ideen-Freiräume für die Studierenden vielleicht auch über Finanzpartnerschaften entwickeln und sichern? Petra von Olschowski ist zurückhaltend: "Unsere Restauratoren arbeiten am ehesten mit Drittmitteln", sagt sie, "und gerade dort, wo es um die neuesten Technologien geht", sei dies auch konsequent. Jedoch: "Stiftungen und Wirtschaftsförderung können nicht alles leisten", betont Petra von Olschowski, "die Bildung im Fokus der freien Lehre bleibt oberste Aufgabe des Staates."