Mit einem sensationellen Rock’n’Roll-Spektakel haben am Donnerstag die Berliner U2-Festspiele begonnen. Foto: dpa-Zentralbild

Weil der Mann, der sich Bono nennt, ständig damit beschäftigt ist, nur noch kurz die Welt zu retten, vergisst man manchmal, wie großartig die Band, in der er singt, sein kann. Doch das erste der vier ausverkauften U2-Konzerte am Donnerstag in der Berliner Mercedes-Benz-Arena hat wieder daran erinnert.

Berlin - Sie sind wieder zurück in der Stadt, in der sie einst ihr mutigstes Album aufnahmen. Eine Platte, an der sie fast zerbrochen wären, die aber auch nach 24 Jahren noch unerhört, wild und gefährlich klingt. Das Berlin-Album „Achtung Baby“ von 1991 enthält aber auch den größten aller U2-Hits. Und am Ende des Konzerts am Donnerstagabend wird Gitarrist The Edge der wunderbaren Ballade „One“ einen neuen, funky-bluesigen Dreh geben. Die 15 000 Besucher in der Berliner Mercedes-Benz-Arena werden ergriffen alle Verse mitsingen das entzückende Liebeslied in eine Weltumarmungshymne verwandeln und beinahe sogar Bono übertönen, der dazu ermahnt, dass das Wichtigste überhaupt ist, trotz aller füreinander da zu sein.

Es ist ein höchst intimer Moment der den Schlusspunkt unter eine zweieinhalbstündige Show setzt, die genauso spektakulär, bombastisch und ambitioniert inszeniert war, wie man es sich von einer Superlativ-Band wie U2 erhoffen durfte. Die Iren haben nicht nur fast alle Hits – von „Sunday Bloody Sunday“ über „With Or Without You“ und „Where The Streets Have No Name“ bis „Beautiful Day“ – im Repertoire. Dem Quartett gelingt es beim ersten von vier ausverkauften Berlin-Konzerten auch, die ganze Halle zu ihrer multimedialen Spielfläche zu machen. Herzstück der Show ist eine riesige quaderförmige Videoleinwand, die über dem Innenraum der Halle hängt und die gleichzeitig Laufsteg der Musiker ist.

Performance-Kunststücke mit Bono und Co.

Zu Beginn der Show mimen U2 bei Nummern wie „The Miracle (Of Joey Ramone)“, „Out Of Control“ und „Vertigo“ zwar noch die Rolle einer Rock’n’Roll-Combo, die es schnörkellos und unprätentiös, laut und direkt mag, Doch von Stück zu Stück werden die musikalischen Schlenker verwegener, die ästhetischen Einfälle tollkühner und Bono, The Edge, Bassist Adam Clayton und Schlagzeuger Larry Mullen jr. mehr und mehr Teil der raumfüllenden Videoinstallation. Die Umsetzungen von Songs wie „Bullet The Blue Sky“ oder „Even Better Than The Real Thing“ geraten zu verstörenden, alle Sinne durcheinanderbringenden Performance-Kunststücken.

Und zwischendurch findet Bono immer wieder Gelegenheit, die Show auch als politische Bühne zu nutzen und für einen solidarischen Umgang mit den Flüchtlingen zu werben: „Europa ist bisher nur ein Gedanke, muss aber ein Gefühl werden“, sagt er, bevor „One“ dran ist. Der Auftritt am Donnerstag erweist sich somit als grandioser Auftakt der großen Berliner U2-Festspiele, die bis Dienstag andauern und die nur von Bonos kurzen Abstecher nach New York unterbrochen werden. Beim UN-Gipfel trifft er dort auf Merkel, Obama, Putin und den Papst.