„Der Vogel ist befreit“, sagte Musk in Anspielung auf Twitters Unternehmenssymbol. Foto: AFP/Olivier Douliery

Der neue Eigentümer des digitalen Nachrichtendienstes Twitter, Tesla-Chef Musk, entlässt dessen bisherige Führung. Und er will das Unternehmen von der Börse nehmen.

Der neue Twitter-Eigentümer Elon Musk hat schon in den ersten Stunden nach seiner 44 Milliarden Dollar (44,2 Milliarden Euro) teuren Übernahme von Twitter deutlich gemacht, dass er das Geschäftsmodell des sozialen Nachrichtendienstes radikal umkrempeln will. Twitter-Chef Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal wurden genauso entlassen wie zwei führenden Vorstandsmitglieder, die im Unternehmen für Rechtsfragen zuständig waren.

„Der Vogel ist befreit“

Damit unterstreicht der Tesla-Gründer die zwei neuen Ansätze, die er verfolgen will: Einerseits will er das kriselnde, bisher auf Anzeigenkunden setzende Geschäftsmodell durch eine Strategie ersetzen, die verstärkt auf Abonnements setzt. Andererseits möchte er die Inhalte auf der Plattform noch weniger regulieren und moderieren als bisher. „Der Vogel ist befreit“, tweetete der schon bisher eifrige Twitter-Nutzer Musk nach der Entlassungswelle in Anspielung auf Twitters Unternehmenssymbol, einen blauen Vogel. Nachfolger für die Entlassenen sind bisher nicht bekannt. Da er als neuer Eigentümer Twitter von der Börse nehmen will, sichert sich Musk großen Spielraum für einen radikalen Umbau des Unternehmens.

Musk, der sich zuvor als größter Aktionär des Unternehmens eingekauft hatte, kündigte im April zum ersten Mal an, Twitter übernehmen zu wollen, und bot dafür 44 Milliarden Dollar. Nachdem er sich mit der Unternehmensführung öffentlich gestritten hatte, deutete er erst an, auf die Übernahme verzichten zu wollen, bevor er in diesem Monat einen neuen, ernsthaften Anlauf nahm. Musk ist mit einem je nach Börsenkursen in diesem Jahr zwischen 200 und 300 Milliarden Dollar geschätzten Vermögen der reichste Mensch der Welt. Die Übernahme kann er zu einem großen Teil bar bestreiten.

Radikale Meinungsfreiheit als Ziel

Musk machte dabei immer wieder deutlich, dass es ihm nicht allein um geschäftliche Interessen geht, sondern auch um sein Bild von Meinungsfreiheit. Der will er möglichst wenig Grenzen auferlegen. Bisher werden auf Twitter beispielsweise Konten, die nach Ansicht des Dienstes Falschinformationen verbreiten, gelegentlich blockiert.

Musk will hier deutlich mehr Spielraum zulassen, was in den USA beispielsweise insbesondere auf der rechten Seite des politischen Spektrums begrüßt wird. Musk wolle letztlich zu den lockeren Internetregeln vor einem Jahrzehnt zurückkehren, sagte Colin Crowell, ein früheres Twitter-Vorstandsmitglied, das bis 2019 für politisch-strategische Fragen zuständig war, der „New York Times“: „Er ignoriert die praktischen Erfahrungen des vergangenen Jahrzehnts.“

Beschwichtigung der Kunden

Mit Blick auf Anzeigenkunden, die um das künftige Umfeld auf der Plattform fürchten, ruderte Musk in dieser Woche zumindest rhetorisch zurück: „Twitter kann nicht ein völlig grenzenloser Ort des Grauens werden, an dem man alles sagen kann, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen hat“, schrieb der neue Twitter-Besitzer an die Kunden des Unternehmens. Wie das angesichts eines geplanten massiven Personalabbaus umgesetzt werden soll, erläuterte er nicht.