Seit November ist das OLG Karlsruhe auf Twitter aktiv. Foto: Twitter/@OLGKarlsruhe

Für die Polizei und viele Ministerien sind die sozialen Medien längst ein wichtiger Kommunikationskanal. Seit einigen Wochen ist nun auch das erste Gericht im Land auf Twitter vertreten. Was soll das bringen?

Stuttgart - Der letzte Tweet stammt vom 30. Januar. Das Foto zeigt neun Männer und zwei Frauen, die im imposanten Treppenhaus des Oberlandesgerichts Karlsruhe stehen. Die meisten blicken ernst in die Kamera, wenige lächeln. „Richter aus #Weißrussland zum Informationsaustausch beim OLG Karlsruhe“, schrieb das Gericht dazu. Der Post erntete einen Retweet und drei Likes.

Seit November ist das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe als erstes Gericht in Baden-Württemberg auf Twitter vertreten. Die Aktivität des Kanals ist überschaubar. 18 Tweets gab es bislang, 261 Follower hat der Auftritt derzeit. Andere Gerichte in Deutschland – zum Beispiel die Oberlandesgerichte in Köln oder Frankfurt – sind schon länger auf Twitter aktiv. Zwischen den Pressesprechern der OLGs gibt es einen Erfahrungsaustausch. So sei die Idee entstanden, auch in Karlsruhe zu twittern, sagte die Sprecherin des OLG Karlsruhe, Julia Kürz.

Der Aufwand ist gering

„Da sich viele Menschen nur noch über die sozialen Medien informieren, ist es uns wichtig, dort auch sichtbar zu sein“, sagt Kürz. Gerichte müssten breit informieren – „und zwar da, wo die Leute sind“. Der Twitter-Kanal sei dafür nur ein kleiner Schritt.

Die Twitter-Arbeit des Gerichts macht Kürz selbst. Hauptsächlich bestehen die Tweets aus Überschriften von Pressemitteilungen des Gerichts, mit Link zur jeweiligen Mitteilung. „Der Aufwand ist entsprechend gering“, sagt Kürz. In der letzten Zeit ging es vor allem um ein Urteil zum Kauf eines gebrauchten Dieselautos sowie um ein Verfahren zum Neubau das KSC-Stadions in Karlsruhe.

Der Politikberater Martin Fuchs bezweifelt, ob ein Twitter-Auftritt auf diese Art und Weise Sinn macht. „Das reine Posten von Überschriften ist ein sehr ungünstiges Konzept, um Interesse zu wecken. Wenn man es so macht, könnte man es genau so gut bleiben lassen“, sagt Fuchs, der seit Jahren die Kommunikation von Politikern und Behörden in den sozialen Medien beobachtet.

Würde ein Podcast mehr Interesse wecken?

Fuchs empfiehlt Behörden, ihre Ressourcen nach Möglichkeit lieber umzuschichten und sich Zeit für Dinge zu nehmen, die aus seiner Sicht mehr Sinn machen – auch wenn das bedeutet, dass seltener kommuniziert wird. „Zum Beispiel wäre ein Podcast mit einem Richter, der Entscheidungen erklärt, sicher interessanter – und sei es nur alle vier Wochen.“ Um eine breite Bevölkerungsschicht zu erreichen, die keine Zeitung mehr liest, sei Facebook außerdem viel wichtiger als Twitter, so Fuchs.

Dürfen Behörden twittern?

Der Twitter-Start des OLG Karlsruhe kommt zu einer besonderen Zeit. Denn wenn es nach dem Landesdatenschutzbeauftragten in Baden-Württemberg Stefan Brink ginge, dürfte eigentlich gar keine Behörde mehr auf Twitter oder Facebook aktiv sein. Brink selbst ist deshalb Ende Januar bei Twitter ausgestiegen.

Der oberste Datenschützer des Landes bezieht sich auf zwei Gerichtsurteile aus den letzten Monaten. In den Urteilen ging es um die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, ein Bildungsunternehmen der Industrie- und Handelskammern. Die Akademie nutzte eine Facebook-Fanpage, um die Öffentlichkeit zu informieren. Das Argument der Gerichte: Wenn Nutzer diese Fanpage aufrufen, würden Daten von ihnen erhoben, ohne dass sie darüber informiert werden. Durch den Betrieb der Seite ermögliche die Akademie Facebook den Zugriff auf die Daten der Nutzer. Die Akademie trage deshalb eine datenschutzrechtliche Verantwortung – auch wenn die technische Infrastruktur komplett von Facebook stamme.

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OLG Karlsruhe twittert weiter

Julia Kürz vom OLG Karlsruhe geht gegenwärtig davon aus, dass der Twitter-Kanal des Gerichts zulässig ist. Die Gerichtsurteile beziehen sich auf Facebook. Zunächst sei also zu klären, ob die Lage bei Twitter dieselbe ist, so Kürz.

Die baden-württembergische Landesregierung hat eine juristische Expertise zur Nutzung der sozialen Medien in Auftrag geben lassen und wartet zudem auf Einschätzungen des Bundesdatenschutzbeauftragten und des Bundesjustizministeriums. „Auch wir warten jetzt die rechtliche Diskussion ab“, so Kürz. „Wenn andere Rechtsauffassungen dargelegt werden, werden wir den Kanal überdenken“.