Johannes Bitter pariert fast 20 Bälle. Foto: Pressefoto Baumann

Die Sensation blieb aus: Doch der TVB Stuttgart hat den Tabellenzweiten THW Kiel in der Handball-Bundesliga lange Zeit geärgert, am Ende aber 27:30 verloren – trotz einer Klasseleistung von Torhüter „Jogi“ Bitter.

Stuttgart - Kiels Trainer-Legende Alfred Gislason saß am Donnerstagabend im Presseraum der Stuttgarter Porsche-Arena und schüttelte den Kopf. Immer wieder. Nicht wegen seiner eigenen Mannschaft, die in der Handball-Bundesliga gerade 30:27 gewonnen hatte, sondern dem Gegner. Der hieß TVB Stuttgart im Allgemeinen – und Johannes Bitter im Besonderen. 36 Jahre ist der Weltmeister von 2007 inzwischen, aber nicht nur kalendarisch im Frühling 2019 angekommen, sondern sportlich im x-ten. „Nach meiner Statistik hat er 19 Bälle gehalten“, sagte Gislason „und davon gefühlt 15 freie.“ In der Tat macht es einen gewissen Unterschied, ob der Schlussmann gegen einen Abstiegskandidaten der Liga so eine Bilanz aufweist, oder ein Spitzenteam, das durch die Bank gespickt ist mit Weltklasseleuten. So sagte auch Kiels Toptorschütze Niclas Edberg: „Dass es heute so eng war, lag an dem überragenden Jogi Bitter. Durch seine Paraden haben wir viele Gegenstöße kassiert.“ Die die Stuttgarter dazu nutzten, das Spiel zumindest bis Mitte der zweiten Hälfte bei einem Tor Rückstand völlig offen zu halten. Und wer weiß, was passiert wäre, hätte die Mannschaft von Jürgen Schweikardt nicht drei Siebenmeter vergeben. „Wir wissen, was wir an Jogi haben“, sagt Schweikardt, der in seiner Funktion als Geschäftsführer den Vertrag in diesem Jahr schon frühzeitig um ein Jahr verlängert hat.

Dabei hatte die Saison für Bitter persönlich eher durchwachsen begonnen. Nach einer Bandscheiben-OP spürte er zu Beginn noch die Nachwehen, so dass die gewohnte Sicherheit fehlte. Mit der ihm eigenen Akribie hat er an seinem körperliche Zustand gearbeitet und in der Reha immer wieder Sonderschichten eingelegt. Mit Erfolg. In der aktuellen Torhüter-Statistik der Liga liegt er mit 234 Paraden nur ganz knapp hinter Nationaltorhüter Silvio Heinevetter (236) von den Füchsen Berlin.

Eigengewächs als Nummer 2

Hinter dem Ex-Nationalspieler soll das Eigengewächs Nick Lehmann langsam an die Bundesligaluft herangeführt werden und dabei auch von Bitters Rat und Tat profitieren. Der war trotz seiner Klasseleistung am Ende nicht ganz zufrieden. „Es wäre mir lieber gewesen, wir hätten dieses Spiel gewonnen. Du hast nicht oft die Chance zu einem Sieg gegen Kiel. Du glaubst zwar oft, dass du sie hast, aber dann schlägt der THW zurück.“ Dennoch unterstrich der TVB („es war ein harter Gegner“, so Gislason) seine aufsteigende Form nach der Winterpause und dem inzwischen de facto auch sicheren Klassenverbleib. Die Mannschaft scheint jedenfalls befreit aufzuspielen. Und Kiel ist eben immer noch ein Highlight, auch für Bitter, der schon viele große Spiele in seiner Karriere erlebt hat. „Ich fiebere solchen Spielen immer entgegen“, gab er hinterher zu. „Es ist doch wunderschön, vor dieser tollen Halle performen zu können - und wenn es dann noch so läuft, wie heute, ist das toll.“

5760 Zuschauer verfolgten die Partie live in der Porsche-Arena, in der somit exakt noch 450 Plätze frei blieben. Und diejenigen, die zu Hause geblieben waren, haben etwas verpasst: Die Gala von Jogi Bitter.