Tim Wieling, Johannes Bitter, Jerome Müller (v. li.): Der Spaß kommt im Zillertal nicht zu kurz. Foto: Baumann

Der TVB Stuttgart weilt im Trainingslager im Zillertal. Dort wird so ziemlich alles trainiert außer Handball – der Verein kämpft mit Corona-bedingten Einbußen, die Spieler rechnen mit Gehaltskürzungen.

Zell am Ziller - Wer durch die Gänge des Hotels Theresa in Zell am Ziller schlendert, der stößt fast unweigerlich auf die Konterfeis einiger bekannter Gäste aus Politik, Kultur oder auch Sport, wie den Weltmeistern Henry Maske (Boxen) und Johannes Rydzek (Nordische Kombination). In so einem erlauchten Kreis dürfen auch Fußballgrößen nicht fehlen: Zum Beispiel Klaus Allofs als Manager oder der Austria-Kicker Marko Arnautovic, die schon mit Werder Bremen in dem Haus abgestiegen sind. Auch in dieser Woche wollte der Bundesligist eigentlich wieder nach Österreich reisen, doch die Relegation machte Werder einen Strich durch die Rechnung. Das Trainingslager musste auf Mitte August verschoben, die geplante Übungseinheit mit dem TVB Stuttgart gar gestrichen werden.

Partnerschaft mit dem Zillertal

Denn die Bundesliga-Handballer haben im Gegensatz zu den Fußballern ihr Programm durchgezogen. „Wir wollten auch die Partnerschaft mit dem Zillertal nicht gefährden“, betont Trainer Jürgen Schweikardt in seiner Funktion als Geschäftsführer. In diesen schwierigen Zeiten gilt es, die Sponsoren bei der Stange zu halten. Denn selbst beim sonnendurchfluteten Blick über das Bergidyll ziehen bei Schweikardt einige dunkle Wolken auf, wenn er sagt: „Im Verein liegt der Fokus derzeit überwiegend auf der wirtschaftlichen Situation.“ Und die sei extrem belastend. Inzwischen gibt es auch konkrete Zahlen. „Der Etat muss um 20 bis 25 Prozent runtergefahren werden.“

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Von zuletzt etwa 4,5 Millionen Euro bleiben also 3,5 Millionen übrig – auf der Einnahmenseite. Zehn bis 15 Prozent fehlen von den Werbepartnern, die entweder (zum kleinen Teil) ganz aussteigen, oder aber wie die meisten ihr Budget kürzen müssen. Die Ausgabenseite dagegen ist vorerst gleich geblieben, weil die Spielerverträge allesamt schon vor Corona-Zeiten abgeschlossen worden sind. Deshalb seien auch die avisierten Finanzhilfen vom Staat (insgesamt bis zu 200 Millionen Euro) sowie der Stadt (eine Million) lebenswichtig für den Etat des TVB, der in der Handball-Bundesliga am 1. Oktober in die Saison starten will. Zuvor spricht vieles für einen regionalen Pokal-Wettbewerb mit den sechs Erst- und Zweitligisten in Baden-Württemberg: Von den Rhein-Neckar Löwen bis zur HSG Konstanz.

Verantwortungsbewusste Spieler

Neben den Corona-Regeln, die in Österreich übrigens schon wieder erstaunlich locker gehandhabt werden, hat sich im Vergleich zum Vorjahr im Trainingslager noch ein Fakt geändert: Die Handball-lose Zeit war deutlich länger, dennoch gibt es sportlich deutlich bessere Kennziffern zu vermelden. „Die Werte im Kraft- und Ausdauerbereich sind häufig besser als vor Corona“, zollt Schweikardt dem Verantwortungsbewusstsein der Spieler ein Lob.

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Gegenüber dem vergangenen Sommer hält sich der personelle Umbruch zudem in Grenzen. Neben Torwart-Oldie Primoz Prost kamen lediglich noch die beiden Linkshänder Jerome Müller und Viggó Kristjánsson neu ins Team, wobei der Isländer das Trainingslager sausen lassen musste, da ihm in der Heimat ein Abszess entfernt wurde. Nun ist der Nationalspieler schon in Deutschland und wird spätestens zur zweiten Trainingsphase einsteigen. Denn Anfang August geht der TVB nochmals in einen zweiwöchigen Lockdown, auch um mittels Kurzarbeit Geld zu sparen. Womit endgültig klar wird, dass der Kurs des Vereins auch mit Leben gefüllt wird.

Gehaltseinbußen unabdingbar

Dabei werden die Spieler um Einbußen beim Gehalt nicht herumkommen. „Wir sind in den Gesprächen noch ohne Ergebnis“, sagt Schweikardt, „ich bin aber zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden.“ Das könnte auch am vorhandenen Teamgeist liegen, wie Neuzugang Müller betont. Schon am ersten Abend gab es eine Bergwanderung mit Übernachtung im Biwak. „Das war gleich der Eisbrecher bei der Integration“, sagt der 23-Jährige, der von den Eulen Ludwigshafen gekommen ist und vom Umfeld beim TVB auf Anhieb angetan war.

Abwechslungsreiches Programm

Bis zum Sonntag weilten noch etliche (getestete) Sponsoren mit dem nötigen Abstand bei der Mannschaft, zudem hat Co-Trainer Karsten Schäfer ein abwechslungsreiches Programm ausgetüftelt. Mit Beachvolleyball oder Duathlon. „Und wenn alles gut läuft, dürfen wir zum Abschluss vielleicht auch noch aufs Fußballfeld“, hofft Hobby-Kicker Müller. Selbst wenn dann die professionelle Unterstützung der Werder-Spieler fehlen wird.

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