Beweisstück Pantoffel: Peter Marton (li.) und Andreas Giebel Foto: ARD/Susanne Bernhard

Die sympathische ARD-Krimiserie „Watzmann ermittelt“ ist handwerklich gut gemacht und hat zwei starke Typen zu bieten. Herausragender Nebendarsteller: das imposante Bergpanorama im Berchtesgadener Land.

Stuttgart - Die ARD könnte es sich leicht machen und zwischen 18 und 20 Uhr ausschließlich auf Quizsendungen setzen; das funktioniert immer. Mit den Serien hatte das Erste nicht so viel Glück. Umso respektabler ist die Hartnäckigkeit, mit der die Vorabendkoordination nun schon seit vielen Jahren daran arbeitet, die „Soko“-Welle im ZDF zu brechen. Die Dachmarke „Heiter bis tödlich“ (2011 bis 2015) hat sich zwar nur vorübergehend gehalten, aber die Devise gilt auch für die zunächst achtteilige Serie „Watzmann ermittelt“, die ähnlich wie „WaPo Bodensee“ (dienstags) auf eine Mischung aus Schauwerten und Krimielementen setzt.

Ob die Geschichten am Wasser oder in den Bergen spielen, ist vermutlich zweitrangig, Hauptsache Landschaft; und die hat das Berchtesgadener Land im Überfluss zu bieten. Deshalb enden zumindest die Außenszenen der neuen Serie regelmäßig mit einem Schwenk aufs imposante Bergpanorama.

Das Besondere an „Watzmann ermittelt“ (ab 8. Mai mittwochs, 18.50 Uhr) sind jedoch nicht die Alpen, sondern die beiden Hauptfiguren. Natürlich ist es nicht sonderlich originell, zwei möglichst gegensätzliche Typen miteinander zu kombinieren, und Jerry Paulsen (Peter Marton) ist auch nicht der erste dunkelhäutige Ermittler im deutschen Fernsehen; aber für einen Provinzkrimi ist diese Konstellation eher ungewöhnlich.

Richtig reizvoll wird die Ausgangslage, weil der auf eigenen Wunsch vom Hamburger LKA nach Oberbayern versetzte Hauptkommissar und sein deutlich älterer einheimischer Kollege Benedikt Beissl (Andreas Giebel) nicht nur beruflich miteinander auskommen müssen: Denn Jerry ist vor allem wegen Beissls Tochter Johanna (Ines Lutz) nach Berchtesgaden umgezogen.

Jerrys Hautfarbe ist durchaus ein Thema

Die doppelte Beziehungsebene zwischen den Polizisten bildet die Basis für die horizontale Erzählebene. Beissl betont zwar, dass sie Berufliches und Privates nicht miteinander vermischen sollten, kann aber eine gewisse Skepsis gegenüber dem potenziellen Schwiegersohn nicht verhehlen, zumal Jerry dank seiner LKA-Vergangenheit einen etwas anderen Ermittlungsstil pflegt. Andererseits kann sich der Zugereiste den Zeugen und Verdächtigen im Unterschied zum Kollegen, der die Einheimischen natürlich alle kennt, ganz unbefangen nähern.

Andersrum gilt das nicht: Jerrys Hautfarbe ist durchaus ein Thema, etwa in Form von Bemerkungen wie jener, dass die Polizei jetzt auch Flüchtlinge einstellt. In dieser Hinsicht hat Beissl allerdings keine Vorbehalte. Sein Misstrauen hat andere Gründe: Seine ältere Tochter Maria (Kathrin von Sternburg) ist samt Kind sitzen gelassen worden; der Alte will Johanna ein ähnliches Schicksal ersparen. Wenn irgendjemand Jerry und damit der Polizei nicht mit dem nötigen Respekt begegnet, ergreift Beissl umgehend Partei für den Kollegen. Ansonsten soll der Kontrast zwischen dem weltläufigen Hanseaten und dem zu einer gewissen Grantigkeit neigenden Bayern naturgemäß ein entscheidendes Erfolgselement der Serie sein, zumal Andreas Giebel, Star der Serien „München 7“ (BR/ARD) und „Die Rosenheim-Cops“ (ZDF), als bayerisches Urgestein ohnehin eine treffende Besetzung für den erfahrenen Beamten ist.

Der Österreicher Peter Marton feiert mit „Watzmann ermittelt“ seine Premiere in einer deutschen TV-Produktion; weitere Angebote dürften folgen. Auch die sonstigen Mitwirkenden – unter anderem Leonie Brill als weitere Tochter sowie Nepo Fitz als dritter Mann auf dem Revier - haben Gesichter, die dem TV-Zuschauer vertraut sein dürften.

Ein Fall von „Grandpa-Dumping“?

Handwerklich ist die Serie eine Klasse besser als etwa „WaPo Bodensee“. Die Geschichten sind wie meist um diese Uhrzeit von überschaubarer Dramatik und in der Umsetzung (Regie: Tom Zenker, Carsten Fiebeler) nicht allzu spannend; der Sendeplatz richtet sich schließlich, zumindest in der Theorie, an die ganze Familie. Die Auftaktepisode, „Der Alte vom Berg“, kommt sogar ohne Leiche aus. Dafür gibt es einen Mordversuch: Ein Wanderer beobachtet, wie jemand einen alten Mann in die Tiefe stürzen will.

Das Opfer kommt wie durch ein Wunder mit kleineren Verletzungen davon, ist aber bei der Suche nach dem Täter keine große Hilfe: Bauer Josef (Franz Buchrieser) leidet unter Demenz. Jerry hat eine Theorie: Die mit dem Pflegefall völlig überforderte Familie will den Alten loswerden; in Amerika nenne man so was „Grandpa-Dumping“. Beissl glaubt das nicht und soll recht behalten: Es geht wie so oft im Heimatdrama um eine Grundstückspekulation in großem Stil; und doch entpuppt sich der Mordversuch wider Erwarten als Beziehungstat.

Für eine Vorabendepisode ist die Handlung vergleichsweise komplex, schließlich müssen nebenbei auch noch sämtliche Figuren eingeführt werden. Die Spurensuche führt Jerry zudem in die Vergangenheit, weil Josefs Dienstjahre beim Bundesgrenzschutz eine nicht unwesentliche Rolle bei der Aufklärung des Falls spielen.

Davon abgesehen leben die Geschichten neben dem gern bei tief stehender Sonne gefilmten Schauplatz nicht zuletzt von der guten Mischung aus beiläufigem Humor, familiären Szenen und der jeweiligen Krimiebene: Die weiteren Folgen beginnen alle ganz klassisch mit einem Leichenfund.