Andere Länder, andere Hüte: die Seniorenreisenden von „Mit 80 Jahren um die Welt“ bei einer Schamanenzeremonie im Gorkhi Terelj Nationalpark in der Mongolei Foto: ZDF

Die ZDF-Reisesendung „Mit 80 Jahren um die Welt“ ist rührend – und sehr aussagekräftig. Auch wenn es ganz so vielleicht gar nicht geplant war. Aber in die Heiterkeit der Weltentdeckung mischt sich der Tod.

Stuttgart - Es hätte alles so leicht sein können. Einfach einer bunten Truppe Rentner beim Reisen, beim Weltbereisen zuschauen. Die alten Damen und Herren werden ihre über viele Jahre schon gepflegten Eigenheiten als unterhaltsame Da-schau-hin-Früchte abwerfen und das ZDF wird dafür sorgen, dass die sanft beim Zuschauer landen – und keinesfalls in der Nähe bloßstellender Privatsender-Effekthascherei.

Zunächst kommt es ja auch so. In der ZDF-Reihe „Mit 80 Jahren um die Welt“ treten Christina, Bernd, Erika, Lothar, Marianne und Norbert die erste große Reise ihres Lebens an. Außer ihrem hohen Alter verbindet sie nämlich, dass sie bisher nichts von der Welt gesehen haben. Sie sind nervös. So nervös, wie man es mit über siebzig Jahren sein kann. Aufgeregt und tiefenentspannt gleichzeitig. Nach dem Motto: Was kann das Leben mir denn bitteschön noch anhaben?

Die Sechs reisen nach Kapstadt. Werden mitten auf der Fotosafari und Auge in Auge mit Löwen übermannt von ihrer Vergangenheit. Norbert ringt um Fassung, weil er an seine verstorbene Frau denken muss. Wenn er später mit Erika, die für ihn so schön „flippsig“ ist, noch im Pool schwimmt, hat das nichts von unerträglicher Rührseligkeit, es ist schlichtweg rührend.

Der Tod reist mit

In jeder der sechs Folgen wird jeweils ein Lebenstraum der alten Reisenden erfüllt. In Kapstadt darf Christina endlich wieder in einem Weinberg arbeiten. Wie sie es früher im Schwarzwald geliebt hat. Und wie sie da nun in völlige Glückseligkeit abtaucht, mit ihrer Schere in den Reben, kommt auch die Kamera kaum noch hinterher.

Was kann denen das Leben denn bitteschön noch anhaben? Außer einem Wohltun nach dem anderen? Die Antwort bekommen wir schnell. Lothar, der 1937 geborene ehemalige Bürgermeister, stirbt auf der Reise. Lungenentzündung.

Die Dreharbeiten werden sofort abgebrochen. Die Sendung steht auf der Kippe. In mehreren Interviews erklärt der Moderator und Begleiter der Gruppe, Steven Gätjen, warum er die Entscheidung, die Dreharbeiten fortzusetzen und die Sendung auszustrahlen, für richtig hält: „Das Thema Tod war ein Thema, das in den dreieinhalb Wochen, in denen wir zusammen waren, immer wieder besprochen wurde. Das wurde aktiv von den Senioren angesprochen als etwas, mit dem sie sich auch tagtäglich auseinandersetzen.“ Sie seien deshalb sicher gewesen: „Dass wir dieses Abenteuer gemeinsam weiter gehen ist etwas, das Lothar auch gewollt hätte.“ Die Angehörigen des Verstorbenen sahen es nicht anders. Schon in der ersten Folge wird Lothars Tod also zum Thema.

Vorm Hintergrund der Endlichkeit

Es hätte alles so leicht sein können. Einer bunten Truppe Rentner beim Reisen, beim Weltbereisen zuschauen. Zum Beispiel Lothar bei den Löwen, Lothar beim Essen, Lothar im Glück. Nur dass dem häufig von allen Alten inbrünstig vorgebrachten Seligkeitsspruch, „dass ich das noch erleben darf“, jetzt mehr Relevanz zuwächst: Das stand so in keinem Drehbuch. Dann aber lässt das ZDF der Sendung vor dem Hintergrund der Endlichkeit einfach ihren Lauf – und vermeidet schönerweise jede dramaturgische Zuspitzung aufs große Unglück hin.

Manche hausgemachten Einfälle hätte man sich dagegen getrost sparen können. Von „Hürden“ zu sprechen, die durchaus rüstigen Rentner am Computer-Check-In oder am Stadtplan vermeintlich scheitern zu lassen, zum Beispiel. Natürlich packen Christina, Bernd, Erika, Lothar, Marianne und Norbert auch das mit Links.

Das Konzept der Sendung wurde aus den Niederlanden übernommen. Dort hatte die Show Riesenerfolg – vor allem beim jüngeren Publikum. Schön, wenn das hierzulande auch so wäre. Denn die Sendung zeigt behutsam – und dafür braucht es wohl gereifte Menschen -, wie respektvoller Umgang miteinander geht. Und wie man den, wenn auch ausgelutschten, aber nie unwichtigen Satz bebildert: Carpe Diem, Nutze den Tag.

Ausstrahlung: „Mit 80 Jahren um die Welt“ startet am Dienstag, 24. Juli 2018, um 22.45 Uhr im ZDF. Die zweite Station der Reise am Mittwoch, 25. Juli 2018, 23.15 Uhr, führt die Senioren nach Dubai.