Vorbereitung auf die Mensur: Das bisweilen blutig verlaufende Fechtritual schweißt Burschenschaftler zusammen. Foto: ZDF/Machfilm

Sie pflegen seltsame Trinkrituale, tragen altmodische Uniformen und sind stolz auf ihre Säbelduelle: die oft belächelten Burschenschaftler. Die Reportage „Drahtzieher Burschenhaften" bei ZDF Info sucht nach den Werten der meist konservativen Studentenverbindungen – auch bei der Stuttgarter Hilaritas.

Stuttgart - Hannes Gnad von der Stuttgarter Studentenverbindung Hilaritas scheint ein freundlicher Mann zu sein. Ganz unmartialisch, mit einem Anflug von Humor erzählt er von den Gebräuchen einer geschlossenen Gesellschaft. Zwar haben die Reporter Michael Freund und Richard Rüb auch bei der Hilaritas keine Kneipabende filmen dürfen, keines jener berüchtigten rituellen Besäufnisse, bei denen kuriose Regeln beachtet und auch mal höchst zweifelhafte Lieder gesungen werden müssen. Aber die Hilaritas, noch immer ungewöhnlich für eine Burschenschaft, hat die Kamera zuschauen lassen, wie Füchse, also aus der Jungstudentenschaft rekrutierte Neumitglieder, erste Einweisungen erhalten. Das sieht schnell nach etwas antiquierter, aber harmloser Traditionspflege aus.

Oft nur Herrenclubs

Das ist aber nicht die Spur, der Rüb und Freund nachgehen, wie schon der Titel ihrer dreiviertelstündigen Reportage beim Kanal ZDF Info verrät: „Drahtzieher Burschenschaften: Die Macht der Studentenverbindungen“. Die Verbindungen verstehen sich als Treuegemeinschaften auf Lebenszeit, funktionieren als Karrierenetzwerke, und wenn von Werten die Rede ist, klingt das nicht immer so gutmütig zopfig, wie wenn Gnad die der Hilaritas aufzählt: „Ehre, Freiheit, Vaterland“.

Burschenhaften sind kein unbedeutendes Kuriosum des deutschen Universitätslebens. Die ZDF-Reportage arbeitet zwar mit Zahlen von 2009, aber seitdem wachsen die eher: Damals gab über 900 Verbindungen, organisiert in 30 Dachverbänden. Zehn Prozent der Burschenschaften stuft der Politologe Stephan Peters, der selbst einmal Korpsstudent war, als rechtsextrem ein, die überwiegende Mehrzahl als stramm konservativ. Zwar gibt es einige Verbindungen, die mittlerweile Frauen zulassen, die meisten sind aber nach wie vor Herrenclubs. Die dreisteren machen schon mal mit Sprüchen wie „Mensur statt Menstruation“ Werbung für sich.

Politisch zu extrem

Die Mensur, der studentische Fechtkampf, schafft offenbar besondere Verbundenheit. Wer einander mit scharfen Säbeln Narben ins Gesicht hackt, entwickelt wohl ein Blutsbrüdergefühl. So sind zwar die nackten Mitgliederzahlen weniger beeindruckend: 2009 gab es 18 000 aktive Burschenschaftler und 132 000 sogenannte alte Herren und hohe Damen. Aber diese doch recht wenigen Burschenschaftler auf Lebenszeit findet man auffällig oft in hohen Positionen von Politik und Wirtschaft.

In den vergangenen Jahren, mahnen Experten, hätten sich die rechtsextremen Burschenschaften mit Pegida, AfD und Identitärer Bewegung vernetzt und seien fleißig mit dem Umbau der Gesellschaft beschäftigt. Die Stuttgarter Verbindung Hilaritas ist aus ihrem Dachverbandjedenfalls ausgetreten: Er wurde diesen eher Konservativen politisch zu extrem.

Ausstrahlung: ZDF Info, Donnerstag, 27. September, 20.15 Uhr