Die sozial engagierte Königin Letizia von Spanien sieht den Empfang von Staatsgästen als kleineren Teil ihrer Arbeit. Foto: ZDF/Jonas Köck

Die interessante neue ZDF-Reportagereihe „Beruf: Königin!“ beschreibt den anstrengenden Alltag der europäischen Kronträgerinnen Letizia, Mathilde und Máxima. Die üblichen Klatschmäuler kommen nicht zu Wort.

Stuttgart - Für Königshäuser interessieren sich nur Menschen, die auch die Erzeugnisse der Regenbogenpresse lesen; überwiegend Frauen also, die sich aus ihrem kleinen Alltag in eine Welt von Glanz und Gloria hineinträumen und als Kind überzeugt waren, sie seien bei der Geburt vertauscht worden und in Wirklichkeit Prinzessinnen. So lautet zumindest das Klischee, und völlig falsch ist es sicher nicht, ebenso wenig wie die Vermutung, Filme über gekrönte Häupter würden vor allem für diese Zielgruppe hergestellt. Die dreiteilige ZDF-Reihe „Beruf: Königin!“ ist allerdings eine Produktion von Leopold Hoesch und seinem Unternehmen Broadview TV. Der Kölner Produzent hat unter anderem die herausragenden Dokumentarfilme „Klitschko“ und „Nowitzki. Der perfekte Wurf“ hergestellt; zuletzt ist das gleichfalls sehenswerte Broadview-Porträt „Kroos“ in die Kinos gekommen.

Eine samstags um 19.25 Uhr ausgestrahlte TV-Reihe muss jedoch andere Voraussetzungen erfüllen. Hoeschs Kinofilme sind zum Beispiel ohne Kommentar ausgekommen. So was trauen sich die Sender erst am späten Abend; Fernsehreportagen funktionieren in der Regel wie Radio mit Bildern.

Viel soziales Engagement

Die allerdings sind zum Auftakt der Reihe besonders schön anzuschauen, und das nicht nur, weil Letizia von Spanien eine attraktive Frau ist. Der Film wird dem Reihentitel „Beruf: Königin!“ vollauf gerecht, weil sich Julia Melchior (Buch und Regie) weitgehend auf Letizias soziales Engagement konzentriert. Die Königin nutzt ihre Stellung, um regelmäßig bestimmte Themen in die Öffentlichkeit zu bringen. Sie darf sich nicht in die Politik einmischen, kann aber Signale setzen; Bildung für alle und die Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen sind ihr ein besonderes Anliegen.

Nebenbei sorgt Melchior dafür, dass es trotzdem allerlei Schauwerte zu bestaunen gibt. Aber die kurzen Ausflüge ins Privatleben der Kronträgerin wirken beinahe deplatziert. Unter anderem zeigt der Film, wie die königlichen Eltern ihre beiden Töchter zur Schule bringen oder wie die Familie einträchtig am Esstisch versammelt ist. Wie die Aufnahmen zustande gekommen sind, verrät die Autorin nicht. Anscheinend hat sie nicht mal mit Letizia selbst gesprochen, zumindest gibt es keine entsprechenden Interviewausschnitte.

Die Kehrseite des Ruhms

Stattdessen kommen alle möglichen anderen Personen zu Wort, bei denen es sich dankenswerterweise aber nicht um die üblichen Klatsch- und Tratsch-Experten handelt. So beschreibt zum Beispiel der Schriftsteller und Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa, welche Folgen Letizias Heirat mit Felipe von Spanien für sie hatte; immerhin sei der Kronprinz sein Leben lang auf die Königsrolle vorbereitet worden. Viele der weiteren Gesprächspartner sind Repräsentanten jener Organisationen, für deren Anliegen sich Letizia einsetzt.

Natürlich durfte Melchior die Erwartungen der Regenbogen-Zielgruppe nicht völlig außer acht lassen, weshalb sie auch auf die Zeit zurückblickt, als die Königin noch Letizia Ortiz Rocasolano hieß und Journalistin war. Allerdings gehörte sie schon damals als Nachrichtenmoderatorin des öffentlich-rechtlichen Senders TVE zur Prominenz des Landes. Sie war das Rampenlicht also in gewisser Weise bereits gewöhnt, als sie 2003 am Tag der Verlobung mit Felipe ihre Arbeit bei TVE beendete und in den Palast zog, um Ruhe vor dem unvermeidlichen Medienrummel zu haben. Dieser Kehrseite des Ruhms widmet sich der Film ebenfalls: Die Mitglieder des Königshauses werden auf Schritt und Tritt beobachtet. Das geht Sport- oder Filmstars zwar nicht anders, aber bei der Königsfamilie kommt hinzu, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung die Monarchie abschaffen möchte.

Stress mit der Vorgängerin

Laut Melchior hatte Letizia entscheidenden Anteil daran, dass sich die Stimmung zum Positiven verändert hat, und das vermutlich nicht nur, weil sie seit 2014 die erste „Bürgerliche“ auf dem Thron ist. Einmal allerdings ist die Königin öffentlich aus der Rolle gefallen: Nach der Ostermesse im vorigen Jahr wollte Schwiegermutter Sophia gemeinsam mit ihren Enkelinnen für die Fotografen posieren. Letizia hat das verhindert und sich mit dem Rücken zu den Kameras vor die Töchter gestellt. Aufnahmen der Aktion machten prompt die Runde im Internet und haben ihr Ansehen etwas ramponiert.

Warum sich Letizia dazu hinreißen ließ, deutet der Film nur zart an. Die Leserschaft der einschlägigen Postillen weiß hingegen, dass sich die aktuelle Königin und ihre Vorgängerin von Anfang an nicht grün waren. Die beiden weiteren Teile der Reihe befassen sich mit Mathilde von Belgien und Máxima der Niederlande, die dank ihres ähnlich vielseitigen Engagements ebenfalls keine Freizeit haben.

Ausstrahlung: ZDF, 24. August 2019, 19.25 Uhr, weitere Folgen an den Sonntagen darauf