Der Schauspieler Simon Licht hat die Aktion „Mit offenem Visier gegen Depressionen“ gestartet. Foto: Alexander Hörbe

Menschen, die eine Entscheidung zum Suizid getroffen haben, fühlen sich oft befreit, sagt der Schauspieler Simon Licht. Selbst Freunde glaubten dann, es gehe ihnen gut. Der Botschafter der Deutschen Depressionshilfe kritisiert nach dem Drama um den vermissten Daniel Küblböck „inhaltslose Castingshows“.

Stuttgart - Zum 1. Oktober wird Simon Licht, Star des Schwabenhits „Laible und Frisch“ und Protagonist der in Stuttgart gedrehten ZDF-Serie „Dr. Klein“, neuer Botschafter der gemeinnützigen Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Vor Jahren hatte er selbst an Depressionen gelitten und Panickattacken auf der Bühne erlebt. Der 52-Jährige setzt sich für eine bessere Aufklärung zu dieser unterschätzten Erkrankung ein, weil der Sohn eines Freundes an einer schweren Depression erkrankte und durch Suizid verstarb. Im Interview mit unserer Zeitung sagt Licht, wie man die Krankheit erkennt, welche Lehren nach dem sehr wahrscheinlichen Selbstmord von Daniel Küblböck zu ziehen sind und welche Pläne er für sein neues Ehrenamt hat.

Viele fragen nach dem Drama um den vermissten Daniel Küblböck, wie man die Suizidgefahr bei einem Mitmenschen erkennt und was man tun sollte. Was raten Sie als Botschafter der Depressionshilfe?

Ich kannte Daniel Küblböck nicht. Ich bedauere sehr, was möglicherweise passiert ist. Man muss natürlich vorsichtig sein mit Mutmaßungen. Aus meinen Gesprächen mit der Deutschen Depressionshilfe weiß ich, dass ein Großteil der Suizide vor dem Hintergrund psychischer Erkrankungen passiert, allen voran die Depression. Diese Erkrankung kann jeden treffen, ob prominent oder nicht.

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„Man muss die Augen offen halten“

Auf welche Warnsignale sollte man achten?

Suizidgedanken kann man nicht ohne weiteres feststellen. Menschen, die eine Entscheidung zum Suizid getroffen haben, denen geht es meistens sehr gut, weil die Entscheidung wie eine Befreiung wirkt. Selbst Freunde erkennen dann die Suizidgefahr nicht. Man muss vorher die Augen offen halten, die Menschen beobachten und sie dann ohne falsche Scheu ansprechen.

Oliver Kalkofe schreibt, nach dem Aida-Drama zeigten sich „auf tragische Weise die Auswirkungen der Castingshows und des immer seelenloser werdenden Fernsehens“. Wie stehen Sie dazu?

Da stimme ich Herrn Kalkhofe grundsätzlich zu. Diese inhaltslosen Castingshows erhöhen den Druck gerade auf Jugendliche enorm. Um Nachahmeeffekt zu vermeiden, sind wir von der Stiftung sehr vorsichtig, den Tod eines Prominenten genauer mit Suizid und Depression zu verbinden. Insbesondere die Beschreibung des Suizides sollte vermieden werden.

Was ist Ihnen als Botschafter der Deutschen Depressionshilfe besonders wichtig?

Es ist wichtig , dass wir offen über psychische Erkrankungen, ihre Symptome und Hilfsmöglichkeiten sprechen und wissen. Ich engagiere mich deshalb als Botschafter der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und will dazu beitragen, Licht in diese doch noch dunkle Tabuecke zu bringen und dass mehr Menschen sich schnell professionelle Hilfe suchen.

„Depressionen müssen als Krankheit erkannt werden“

Hat sich der Umgang der Gesellschaft mit Depressionskranken nicht verbessert?

Ich spüre in persönlichen Gesprächen schnell eine große Offenheit von Menschen, auch wenn sie nicht selbst betroffen sind. Weil eigentlich jeder mit dem Thema schon mal zu tun hatte. Gesamtgesellschaftlich liegt diesbezüglich aber noch viel Arbeit vor uns, Depression als Krankheit und nicht als Reaktion auf widrige Lebensumstände zu begreifen.