Bundesliga gibt's bei Sky - aber nicht umsonst. Foto: dpa

EU-Richter kippen Exklusivvermarktung im Bezahlfernsehen. Fußball bangt um Millioneneinnahmen.

Stuttgart - Mitunter kümmern sich die Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg auch um Streitfragen aus der Welt des Sports. Und meistens ist danach nichts mehr so, wie es war. Wie 1995, als mit dem Bosman-Urteil die Ablösesummen nach Vertragsende für rechtswidrig erklärt wurden. Die Millionen kassieren seither die Profis in Form von Handgeldern. Ganz so schlimm dürfte es diesmal nach Meinung der Experten nicht kommen, trotzdem wird der Richterspruch einiges verändern - für alle, die per Pay-TV (Bezahlfernsehen) die Bundesliga verfolgen. Der Europäische Gerichtshof entschied am Dienstag, dass ausländische Decoderkarten zum Empfang von Übertragungen im Bezahlfernsehen nicht mehr verboten werden dürfen.

Bisher läuft es so: Wer will, loggt sich im Internet bei Sky ein, bucht sein TV-Paket nach Wunsch, bekommt wenig später einen Decoder und die passende Karte zugeschickt. Dafür zahlt er im Monat, je nach Paket, zwischen 33,90 und 55,90 Euro. Etwas komplizierter liegt der Fall bei einem Gaststättenbesitzer, der seinen Gästen als "Sky sportsbar" Fußball bieten will. Er muss eine Lizenz erwerben, die er in Deutschland nur exklusiv über Sky beziehen kann. Die Preise richten sich nach der Quadratmeterzahl der Gaststätte. Andy Göz, Gastronom im Maulwurf in Stuttgart-Vaihingen, zahlt für 99 Quadratmeter 3600 Euro pro Saison. "Bisher waren es 2800, Sky hat kräftig aufgeschlagen. Mit der Begründung, dass es jetzt auch HD-Kanäle gibt. Das ist happig", sagt Göz, der davon ausgeht, dass sich immer mehr Gaststätten das Sky-Angebot sparen werden: "Das rechnet sich kaum noch. Das ist nur noch ein Fall von Liebhaberei."

Die Engländerin Karen Murphy (46), Wirtin der Kneipe "Red, White & Blue" in Southsea einem Stadtteil von Porthsmouth, hat sich schon vor vier Jahren so sehr über die Preise des englischen Pay-TV-Anbieters BskyB geärgert, dass sie ein Schlupfloch nutzte. Sie besorgte sich den Satelliten-Decoder der Firma Nova, die damals die Rechte an der englischen Premier League in Griechenland besaß. Sie sparte zwar 6000 Euro pro Jahr, bekam aber Ärger mit BSkyB.

Der jahrelange Rechtsstreit endete jetzt mit einem Sieg der streitbaren Britin. "Wenn ich ein Auto kaufen will", sagte sie, "dann kann ich zu jedem Händler in Europa gehen. Will ich Fußball sehen, kann ich nur zum Sky-Händler und muss dort zehnmal mehr bezahlen als jeder andere in Europa. Ich bin froh, dass es jetzt zu Ende geht."

Das Monopol von Sky ist geknackt

Für sie vielleicht, für den Fußball geht der Ärger in die Verlängerung. Rein theoretisch kann sich fortan jeder Kneipenbesitzer und jeder Fußballfan überall in Europa die günstigste Decoderkarte, vorausgesetzt er hat eine Satellitenschüssel, besorgen. Zwar muss er dann in Kauf nehmen, dass der Kommentator eine fremde Sprache spricht, nicht alle Bundesligaspiele zur Auswahl stehen und die Bildqualität leidet, doch unterm Strich bleibt der Kunde der König: Das Monopol von Sky ist geknackt. Das könnte auf die Preise drücken. Die Aktie des Unternehmens rauschte am Dienstag um fünf Prozent in den Keller.

Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, sprach von der Gefahr des Preis-Dumpings und machte die Politik verantwortlich. "Die muss verstehen, wie der Wirtschaftszweig Fußball funktioniert. Ein wichtiger Bestandteil sind eben die Fernseheinnahmen." Beim VfB Stuttgart sind es rund 30 Millionen Euro pro Jahr.

Das Rechtepaket der in der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zusammengefassten 36 deutschen Proficlubs verliert nun spürbar an Wert. 2012 soll es neu verhandelt werden. Kaum anzunehmen, dass Sky noch bereit ist, für die Rechte wie bisher 240 Millionen Euro zu überweisen. Es sei denn, die DFL findet Wege und Mittel, die Schlupflöcher zu stopfen. Oder sie verzichtet ganz auf die Vermarktung innerhalb der EU.

Bisher erlöst die DFL rund 30 Millionen Euro über die Vermarktung von jeweils fünf Partien pro Spieltag innerhalb der Staaten der Europäischen Union. Geld, auf das die Clubs in Zukunft womöglich verzichten müssen. Bei einem Gesamtumsatz der Liga von zwei Milliarden Euro pro Spielzeit wären das rund 1,5 Prozent. "Das könnte die Liga zur Not verschmerzen", hieß es in der Branche, wo man mit einer gewissen Schadenfreude nach England zeigt. Das EU-Urteil trifft die Clubs aus der Premier League viel härter. Dort werden an jedem Spieltag alle Spiele zur Auslandsvermarktung freigegeben und jährlich 300 Millionen Euro erlöst. "Ich kann deshalb überhaupt nicht verstehen, warum die Engländer mit der Pubbesitzerin nicht nach einer anderen Lösung gesucht haben", sagt ein Kenner der Szene.