Der kritische Blick täuscht: SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Amtsinhaberin Angela Merkel gingen im TV-Duell sanft miteinander um. Foto: dpa

War da was? Ging es nach der SPD, sollte das TV-Duell ihres Kanzlerkandidaten mit der Kanzlerin die Wende im Wahlkampf markieren. Sichtbar wurde vielmehr eine Fülle von Gemeinsamkeiten. Der Angriff blieb aus, kommentiert StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Es kam, wie es kommen musste: Das Rededuell zwischen CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef und -Kanzlerkandidat Martin Schulz auf vier TV-Sendern hat hie und da zur öffentlichen Präzisierung der jeweiligen Positionen beigetragen. Von einer Wende im Rennen um die Kanzlerschaft aber keine Spur. Diese Ansage, dieses Wunsch-Bläschen mancher Sozialdemokraten ist lange vor Ende der Sendung geplatzt. Lautlos.

Das lag zum Teil an der Gesprächsleitung, die außenpolitischen Themen die ersten zwei Drittel der Sendung reservierte. Was naturgemäß Merkels Amtsbonus aufpolierte. Dass der Großangriff von Schulz nach dem großen Attacke-Trara der SPD komplett ins Wasser fiel, lag aber vor allem an Schulz selber.

Ob es um Flucht und Zuwanderung ging, um klare Kante gegen islamistische Einpeitscher, oder um das Beten am Sonntag – auffallend oft war Schulz mit Äußerungen zur Stelle wie „Da hat Frau Merkel Recht“. Das ist fair. Das bringt die Nähe der politischen Standpunkte beider Kandidaten auf den Punkt. Doch ein Herausforderer punktet damit kaum.

Entsprechend unaufgeregt spielte Merkel mit. Gab sich prinzipienfest, als es um ihre Flüchtlingspolitik ging. Ansonsten sanft und besonnen. Und ließ Schulz prompt in ihren Konter laufen, als er ihr – ausnahmsweise giftig – zuerst mangelnde Abstimmung mit den europäischen Partnern bei der Öffnung der Grenzen 2015 vorwarf, und dann ankündigte, als Kanzler an den EU-Partnern vorbei das Ende der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei durchdrücken zu wollen. So war dieses TV-Duell ein getreues Spiegelbild des Wahlkampfs: Da streicheln sich zwei Koalitionspartner. Wie hätte es auch anders sein sollen.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de