Duell in der Wahlarena: befragt von den Moderatorinnen Gabi Ludwig sowie Sonia Seymour Mikich liefern sich Hannelore Kraft und Armin Laschet einen munteren Schlagabtausch (von links). Foto: WDR

Hannelore Kraft (SPD) und Armin Laschet (CDU) kommen im Fernsehduell eineinhalb Wochen vor der NRW-Landtagswahl nicht so richtig in den Clinch – weil die Ministerpräsidentin es nicht für nötig hält und weil der Herausforderer kein Mann für den harten Schlagabtausch ist.

Stuttgart - Das muss ja ein hochbrisantes Duell ergeben: „Leidenschaft für Nordrhein-Westfalen“ treibt SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nach eigenem Bekenntnis an. Und ihr Herausforderer Armin Laschet (CDU) empfindet „Leidenschaft, etwas zu bewegen“. In der Tat bricht die Emotion in der einstündigen WDR-„Wahlarena“ immer mal wieder aus beiden heraus – aber richtig weh tun wollen sie sich nicht. Für Amtsinhaberin Kraft geziemt sich die Attacke nicht, und der Christdemokrat ist viel zu nett, als dass er sein Gegenüber verbal niedermachen würde. Zudem sehen sich beide im Aufwind kurz vor der Landtagswahl am 14. Mai – warum sollen sie da voll auf Angriff gehen? Dies könnte beim Publikum schlecht ankommen.

Einbrüche beim Schwager und bei Freunden

Los geht es mit dem Lieblingsthema von Laschet im Wahlkampf: der inneren Sicherheit. 144 Wohnungseinbrüche würden in dem Bundesland täglich verübt, kritisiert er. Dies seien 22 Prozent aller Einbrüche in Deutschland. Sein Schwager habe es schon erlebt, und bei seinem Nachbarn seien Autos geknackt worden. Einmal mehr wirbt der Aachener für verdachtsunabhängige Polizeikontrollen im Hinterland der Grenzen.

Auch bei Freunden von Hannelore Kraft wurde schon eingebrochen, wie der Zuschauer erfährt. Auch sie kann das schlechte Gefühl von Opfern nachvollziehen. Die Regierungschefin belegt mit dem Zuwachs bei neu eingestellten Polizisten, was sie alles gegen die Kriminalität tue. Weil die Hälfte aller deutschen Großstädte in NRW liege, kämen die osteuropäischen Banden vornehmlich an Rhein und Ruhr, klärt sie auf. Doch Schleierfahndungen will sie nicht. Die „bringen nichts“, sagt Kraft und fügt ironisch hinzu: „Wir prüfen nicht jede ältere Dame am Steuer.“

Große Einigkeit bei der Zuwanderung

Laschet dringt weniger durch, als es ihm lieb sein kann. Punkten kann er auch nicht beim Islamismus: Seit Amtsantritt der Kraft-Regierung habe sich die Zahl der Salafisten versechsfacht, sagt er. Für bestimmte Gefährder brauche es die Fußfessel. Kraft kontert: „Wir machen die Fußfessel.“ Und bezogen auf die Einwohnerzahl liege Nordrhein-Westfalen bei den Salafisten lediglich auf Platz sechs. Erst als der CDU-Mann ihren umstrittenen Innenminister Ralf Jäger als „Sicherheitsrisiko“ einstuft, der „danach immer schön redet“, als er die Pannen im Fall des Terroristen Anis Amri aufzählt und an die Kölner Silvesternacht erinnert, wird Kraft etwas kleinlaut: „Bisher gibt es für mich keinen Anlass, ihn nach Hause zu schicken“, erwidert sie auf die Frage, ob Jäger für sie vielleicht nur ein willkommener „Kugelfang“ sei, der immer nach vorne geschickt werde, wenn es brenzlig wird.

Große Einigkeit zeigen die Ministerpräsidentin und der frühere Integrationsminister bei der Zuwanderung. „Jeder, der sich hier einbringt, ist Nordrhein-Westfale – egal, wo er herkommt“, sagt Kraft. Wichtig sei das Signal: „Wir sind alle NRW“. „Stimmt“, pflichtet Laschet bei. Nordrhein-Westfalen sei schon immer ein Land der Zuwanderung gewesen. „Jeder soll hier seine Religion ausüben können.“ Die vom Bundesinnenminister angeregte Leitkultur-Debatte findet er wichtig, weist aber darauf hin, dass er schon vor zehn Jahren über Leitkultur geschrieben habe. „Ich will auch keine Burka“, erwidert die Sozialdemokratin. Ihre Werte seien jedoch die Verfassung, lehnt sie den De-Maizière-Vorstoß ab.

Schwache Wirtschaftslage als Erfolgsstory verkauft

Die Duellanten arbeiten sich nun über die Bildung zur wirtschaftlichen Lage des Landes vor – auch dies im Wahlkampf ein bevorzugtes Thema für Laschet. Doch erneut hat er Mühe mit gezielten Angriffen auf die Amtsinhaberin. Die Schwächen des Landesentwicklungsplans dürften jedenfalls kaum einen Zuschauer interessieren. Hannelore Kraft wiederum versucht, die schwache Bilanz von NRW – das mit rund 140 Milliarden Euro am höchsten verschuldete Bundesland – als Erfolgsstory zu verkaufen. Beim Wachstum liege man mit 1,8 Prozent für 2016 nur noch 0,1 Prozent hinter dem Bund und 0,3 Prozent hinter den Bayern zurück, jubiliert sie. Und die Arbeitslosigkeit sei auf dem niedrigsten Niveau sei 23 Jahren. „Wir stärken die Wirtschaft.“ Dem setzt ihr Herausforderer nicht viel entgegen.

Immerhin vermag der CDU-Mann in der Schlussrunde noch einen Stich zu machen, indem er darauf hinweist, dass Kraft ein rot-rot-grünes Bündnis nicht ausschließt. Die Furcht vor einer Koalition von SPD und Linkspartei hat schon die Wähler im Saarland zur CDU getrieben. Die Regierungschefin zieht sich auf die Formulierung zurück, dass die Linke „nicht regierungs- und koalitionsfähig“ sei. Deren Programm wirke noch „wie Wolkenkuckucksheim“. Und wenn es nicht reiche für ihr Wunschbündnis Rot-Grün, „werden wir weitersehen“. Eine kategorische Absage klingt anders.

Am Donnerstagabend treffen sie noch einmal aufeinander – dann mit fünf weiteren Spitzenkandidaten (WDR, 20.15 Uhr).