Der Organisator Billy McFarland hat beim Fyre-Festival alle eingeseift. Foto: ZDF/The Cinemart

Der sehenswerte Dokumentarfilm „Fyre Fraud“ bei ZDF Info erzählt vom jämmerlichen Platzen eines Schickimicki-Events. Es geht natürlich auch um Schadenfreude. Aber doch noch um sehr viel mehr.

Stuttgart - Es sollte im Frühjahr 2017 die ultimative Party für Leute mit ein bisschen mehr Taschengeld werden, ein Schickimicki-Woodstock für Influencer und Selfiejunkies: das Fyre Festival, ein Musik- und Luxusevent auf den Bahamas. Das Ganze wurde ein Debakel, eine Luftnummer, die platzte, als die Luxuskundschaft in alten Schulbussen zu hastig errichteten Notzelten gekarrt wurde. Im Dokumentarfilm „Fyre Fraud – Festivaldesaster im Paradies“ von Julia Willoughby Nason und Jenner Durst erfährt man etwa, wie einer der Organisatoren intern auf den Hinweis reagierte, es seien keine Toiletten da: Die Leute bekämen ja auch nichts zu essen.

Lästige Fakten

Billy McFarland heißt der mittlerweile im Gefängnis sitzende Fyre-Chef, der sich für die nun bei ZDF Info zu sehende Doku noch vor die Kamera wagt, anfangs keck, im Lauf des Interviews dann zunehmend zugeknöpft. Denn McFarland ist ein charmanter, mitreißend optimistischer Projekteschmied, der ungern mit lästigen Fakten konfrontiert wird.

Bei Netflix kann man eine andere Aufarbeitung der Pleite sehen, „Fyre – The greatest Party that never happened“ von Chris Smith. Die stellt besser dar, wie sich das logistische Desaster entwickelte – mit Bildern von innen. Denn die Macher haben bei ihrer Arbeit stets irgendwelche Smartphone-Kameras mitlaufen lassen. Im Auge behalten muss man dabei aber, dass Smiths Film von einer der PR-Agenturen des Fyre-Events mitproduziert wurde, die ein Interesse hat, möglichst viel Schuld auf McFarland zu schieben und sich selbst zu entlasten. Motto: „McFarland hat alle geblendet, auch uns.“

Die Geschäfte der Millenials

Der Film bei ZDF Info setzt einen anderen Schwerpunkt. Er deutet das Fyre-Festival als Musterfall der Ökonomie der Millenials, in der die knallige Idee das Wichtigste ist, für die dann Geld eingesammelt wird. Um die Realisierung mit all ihren spaßraubenden Schwierigkeiten kümmert man sich später – irgendwie.

McFarland scheint ein zwanghafter Schwindler zu sein. Aber man sieht an seinem Wirken, wie logisch das Millenial-Denken zu Schneeballgeschäften führt: Den Flurschaden einer nicht funktionierenden Idee bereinigt man mit dem Anlegergeld, das man fürs nächste Projekt einsammelt. Irgendwann, hofft man, werde ein Konzept so zünden, dass man für alle Zeiten aus dem Schneider ist. „Fyre Fraud“ ist kein Film über ein im Chaos endendes Event, sondern das gruselige, durchaus aber von Schadenfreude aufgehellte Porträt eines Zeitgeists.