Carlo Hörr strahlt nach dem Gewinn der Goldmedaille Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Der Turner vom TSV Schmiden siegt bei den deutschen Meisterschaften in Dortmund im sonntäglichen Finale am Königsgerät. Im Mehrkampf am Freitag belegt der 22-Jährige den siebten Platz und liebäugelt jetzt mit der Olympia-Qualifikation.

Dortmund - Bei seinem Abgang vom Reck im Gerätefinale am Sonntag flog Carlo Hörr, 22, hoch hinauf unter das Dach der Dortmunder Westfalenhalle. Nach einem Doppelsalto, gestreckt und rückwärts mit ganzer Schraube, stand der Turner vom TSV Schmiden felsenfest mit beiden Beinen auf der Matte, riss die Arme nach oben und ließ einen Schrei los. Er wusste, dass er seine erste Medaille bei deutschen Meisterschaften der Männer sicher hatte. Am Ende war es die goldene.

„Ich krieg’ jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagt Carlo Hörr. Viel Zeit zum Nachdenken hatte er nach dem Titelgewinn zunächst nicht. Er musste zur Siegerehrung und ein Interview fürs Fernsehen geben, während auf seinen medialen Kanälen die Gratulationen aufliefen. Der frisch gekürte deutsche Meister nimmt den Trubel gerne in Kauf. „Aber ein wenig sprachlos bin ich schon noch. Ich muss das alles erst einmal ein bisschen sacken lassen“, sagt Carlo Hörr.

Carlo Hörr ist nach dem Titelgewinn erst einmal sprachlos

Auf seinen entscheidenden Auftritt bei den deutschen Meisterschaften der Turner hat Carlo Hörr lange warten müssen. Der 22-Jährige vom TSV Schmiden hatte sich bei seinem siebten Platz im Mehrkampf am Freitag mit der besten Wertung aller Teilnehmer für das sonntägliche Reckfinale qualifiziert. Er war also letzter Starter am Königsgerät, beim finalen Titelkampf der Turner in Dortmund. Vor Carlo Hörr hatte Lukas Dauser nach einer gelungenen Übung mit 13,633 Punkten die Führung übernommen. „Ich wusste, ich muss Vollgas geben, ganz oder gar nicht, und ich hab’ alles gegeben, was ich konnte“, sagt der Turner vom TSV Schmiden. 14,100 Punkte waren der Lohn für seinen fehlerfreien Vortrag mit fulminantem Abgang.

Mit der Goldmedaille in der Hand konnte Carlo Hörr es auch ein wenig entspannter sehen, dass die Meisterschaften in Dortmund im Rahmen der Titelkämpfe in 18 Sportarten für ihn nicht ganz optimal begonnen hatten. Der Student des Bauingenieurwesens, der im Kunst-Turn-Forum in Stuttgart trainiert. startete am Pauschenpferd in den Mehrkampf. „Das ist ein schwieriges Gerät zum Auftakt, ich bin wenigstens nicht abgestiegen. Aber da ist sicherlich noch einiges mehr drin“, sagt Carlo Hörr. Auch was die Note von 11,85 für seinen Auftritt anbetrifft. Das restliche Programm an Ringen (12,700), Sprung (13,500), Barren (13,300), Reck (13,410) und Boden (12,950) absolvierte Carlo Hörr konstant. Während er mit seiner besten Wertung im Sprung nicht ins Finale kam, gelang ihm dies dafür mit der besten Übung aller Teilnehmer am Reck, mit bekanntem Ausgang.

Eine reelle Olympiachance in der Olympiahalle in München?

Wenige Stunden nach seinem Erfolg hat sich Carlo Hörr am Sonntag auch schon wieder von Dortmund aus auf den Heimweg ins Schwäbische gemacht. Bereits am nächsten Wochenende ist der neue deutsche Meister erneut auf höchstem Niveau gefordert. In der Olympiahalle in München treten am Wochenende die besten Turner – und auch Turnerinnen – der Meisterschaften von Dortmund zur zweiten Qualifikationsrunde für die Olympischen Spiele an. Der Bundestrainer Valeri Belenki will neben den Ergebnissen der Titelkämpfe in der Westfalenhalle auch die Entscheidung vom Mehrkampf der Männer am kommenden Samstag zur Teamfindung nutzen. Carlo Hörr wird die Woche über ganz normal trainieren und am Freitag in die bayerische Landeshauptstadt aufbrechen. „Ich mache mir aber keinen Druck. Ich habe nichts zu verlieren, und alles andere sind Gedankenspiele, mit denen ich mich dann beschäftige, wenn die Entscheidung gefallen ist“, sagt er. Zumal die Konkurrenz hart ist, bei elf Startern und nur vier Tickets für Tokio, die der Deutsche Turner-Bund unter den Männern verteilt.

Carlo Hörr hat mit dem Gewinn der Meisterschaft am Reck schon viel erreicht. Den Sieg hat er nach seiner Heimkehr am Sonntagabend im engsten Kreis gefeiert. Danach wollte der 22-Jährige „erst einmal die Ruhe genießen und alles sacken lassen“. Viel Zeit dazu bleibt Carlo Hörr wieder nicht. Am Montag beginnt für ihn im Kunst-Turn-Forum die Vorbereitung auf die zweite Olympia-Qualifikation.