Das Innere des Turms: Hier trainiert die Höhenrettung Foto: Leif Piechowski

Seit rund zehn Jahren trainieren die Höhenretter für ihre Einsätze im Turm der Feuerwache im Degerlocher Gewerbegebiet Tränke. Der ist genau 30 Meter hoch.

Stuttgart - Ein Kranführer kollabiert während der Arbeit auf einer Stuttgarter Baustelle. Er ist bewusstlos, kann die Kanzel in 40 Meter Höhe nicht mehr verlassen. Die Kollegen alarmieren Feuerwehr und Rettungsdienst. Die Feuer- und Rettungswache 5 Filder rückt mit einer Drehleiter an. Doch die kann nur bis maximal 27 Meter ausgefahren werden. Ein Fall für die Höhenretter. Die müssen im Klettern geübt sein. Wenn es ernst wird, dürfen sie sich keinen Fehler erlauben.

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Türme in Stuttgart und Region

„Früher ist man da mehr oder weniger mit dem Seil um den Hals hoch“, sagt Kurt Messer, stellvertretender Dienststellenleiter der Wache. Der 54-Jährige arbeitet seit 33 Jahren auf der Wache. Seit rund zehn Jahren üben die Retter solche Einsätze im Turm der Feuerwache im Degerlocher Gewerbegebiet Tränke. Der ist genau 30 Meter hoch, an der Außenseite hängen Seile, Autoreifen und Metallsprossen für die Kletterübungen. Im Innern des Turmes, hinter einem großen Rollladen gesichert, befindet sich der Einstieg zu einer ebenfalls 30 Meter hohen Kletterwand. Am Boden liegt eine Weichbodenmatte. In der Wand sichern sich die Retter mit Haken und Seilen. Für das Training in größerer Höhe erklimmen die Feuerwehrleute Industrieschornsteine oder seilen sich vom Fernsehturm ab.

Vom Turm in Degerloch sieht man besonders weit

Während die Wände innen und außen den Höhenrettern vorbehalten sind, nutzen alle 97 Einsatzbeamten der Wache das Treppenhaus des Degerlocher Turms zu Übungszwecken. Hier trainieren sie, wie sie bei einem Mehrfamilien- oder Hochhausbrand am besten vorgehen. „Die Mannschaft muss fit sein. Besonders diejenigen, die als Erste in ein brennendes Gebäude müssen“, sagt Messer. Die Ausrüstung eines Feuerwehrmanns im sogenannten Angriffstrupp wiegt zwischen 30 und 35 Kilo. „Damit muss er oft bei großer Hitze mehrere Stockwerke hoch.“

Türme haben bei der Feuerwehr eine lange Tradition. Als es noch keinen Notruf gab, hielten sogenannte Turmwächter Ausschau nach Rauch. Von oben hatten sie einen Überblick über Städte und Dörfer und erkannten schnell, wenn es irgendwo brannte. Vom Turm in Degerloch sieht man besonders weit: bei gutem Wetter bis zu den Hochhäusern im Asemwald und zum Flughafen. Dahinter erstreckt sich die Schwäbische Alb.

Später nutzten die Feuerwehren ihre Türme dazu, ihre Schläuche nach dem Einsatz zu trocknen. Im Untergeschoss des Turms der Feuerwache 5 stehen heute noch rund 15 Meter lange Waschrinnen. Bis vor wenigen Jahren prüfte und wusch man darin die Schläuche und hängte sie in dem Turmschacht zum Trocknen auf, in dem jetzt die Kletterwand untergebracht ist. „Heute machen das Maschinen. Außerdem sind die Schläuche aus anderem Material und trocknen schneller“, sagt Kurt Messer. Die Schlauch-Wäsche übernimmt die Wache 3 in Bad Cannstatt.

Ein besonderer Einsatz wartete auf die Retter vor einigen Wochen. Im Turm ist eine Falkenfamilie zu Hause. Weil eines der Jungen nach einem seiner Ausflüge erschöpft auf dem Blaulicht eines Feuerwehrautos saß, packte die Mannschaft kurzerhand die Drehleiter aus und brachte das Tier zurück ins Nest. „Wir helfen, wo wir können“, sagt Messer. Gut trainiert seien sie schließlich dafür.