An der Baustelle für den abgesenkten Bahntunnel Rastatt wurde Anfang September eine Betonplatte zur Stabilisierung gegossen. Foto: dpa

Laut Bundesregierung waren keine Reisenden gefährdet, als der Regionalzug über den Tunnelabschnitt fuhr. Die Havarie soll zudem keine Folge von Sparbemühungen der Deutschen Bahn gewesen sein.

Stuttgart - Die Tunnelhavarie an der Rheintalstrecke bei Rastatt ist nach Einschätzung der Bundesregierung keine Folge von Sparbemühungen der Deutschen Bahn. Entsprechende Vermutungen hat das Bundesverkehrsministerium jetzt in der Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel zurückgewiesen, die unserer Zeitung vorliegt. Angesichts der hohen Gesamtkosten für den Ausbau der Rheintalstrecke habe die angewandte Tunnelbauweise „keine relevanten Auswirkungen auf die Ermittlung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses“, schreibt der Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) darin.

Zugleich bestätigt er, dass die Bauweise gegenüber dem Ausschreibungsentwurf noch geändert worden sei. Auf Vorschlag der Baufirmen sei anstatt des Spritzbetonverfahrens unterhalb der Rheintaltrasse die Tunnelvortriebsmaschine zum Einsatz gekommen. Wie sich dies auf Zeit und Kosten auswirkte, habe die Bahn nicht mitgeteilt. Das Vortriebsverfahren samt Vereisung ist laut Ferlemann weltweit erprobt. Eine Besonderheit sei beim Rastatter Tunnel aber „der relativ lange durchgehend vereiste Korridor“. Andere Projekte in dieser Bauweise plane die Bahn derzeit nicht. Für Stuttgart 21 habe die Havarie keine Konsequenzen, da die geologischen Verhältnisse dort mit Rastatt „nicht vergleichbar“ seien. Daher sehe man keinen Anlass für eine Neubewertung.

Die Gleise senkten sich über mehrere Tage hinweg

Am 12. August um 10.47 Uhr war es der Antwort zufolge zum Wassereinbruch im Tunnel gekommen. In der Folge hätten sich die Gleise über mehrere Tage hinweg „sehr langsam“ gesenkt. Noch eine Viertelstunde nach dem Wassereinbruch habe ein Regionalzug auf dem Weg nach Karlsruhe die Stelle passiert, ehe sie um 11.03 Uhr gesperrt wurde. Bis dahin habe „keine Gefährdung des Schienenverkehrs und der Reisenden“ bestanden, sagt Ferlemann. Die nächsten Züge seien in Entfernungen von zwei und sechs Kilometern von der Schadensstelle gestoppt worden. Zur Ursache der Havarie äußert sich das Ministerium nicht; die Aufarbeitung werde noch dauern. Auch die Schadenshöhe – nach Schätzungen ein bis zu dreistelliger Millionenbetrag – lasse sich derzeit noch nicht absehen. Die Verantwortung für Havarien auf Baustellen liege bei den ausführenden Unternehmen und nicht bei der Bauherrin.

Einen Bedarf für den Ausbau des Schienennetzes im Südwesten über die Rheintalbahn und die Gäubahn hinaus sieht die Regierung nicht. Der Grünen-Verkehrsexperte Gastel kritisiert dies scharf: Die Havarie in Rastatt zeige, „wie fatal es ist, dass Mautminister Dobrindt die Anträge aus Baden-Württemberg für den Ausbau und die Elektrifizierung von wichtigen Bahnstrecken bis heute rundweg ablehnt“.