Aus Mangel an Alternativen treffen sich Freunde schneller Autos vor allem auf öffentlichen Straßen. Foto: Stollberg/Archiv

Die Polizei habe zwar nichts gegen Autotuning, aber die Verkehrsregeln gelten auch für Autoaufmotzer, sagen Beamte. In Geislingen schauen sie der Szene gezielt auf den Tacho.

Geislingen/Göppingen - Quietschende Reifen und jaulende Motoren strapazieren derzeit offenbar vermehrt in den Abendstunden die Nerven der Menschen in Geislingen. Wenn es lange hell ist und potenzielle Zuschauer in den Freiluftlokalen sitzen, lassen sich auch Vertreter der Tuning- und der Raserszene wieder häufiger sehen und hören. Beschwerden von Anwohnern über laute Motoren haben die Polizei und das städtische Ordnungsamt auf den Plan gerufen. Gemeinsam sollen die Auswüchse der Szene eingedämmt werden. Manche Tuner sehen sich allerdings zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Die Polizei misst mit Lasergeräten

Mit Geschwindigkeitsmessungen und verstärkten Kontrollen reagieren die Polizei und das Ordnungsamt auf die aktuelle Entwicklung in Geislingen (Kreis Göppingen). Dafür setzt das Ordnungsamt mobile Radargeräte ein, die an wechselnden Standorten platziert werden. Zudem nimmt die Polizei Raser mit Lasergeräten ins Visier, beschreibt Philipp Theiner das Konzept. „Wir wollen die Raser auf frischer Tat überführen“, sagt der Leiter des Geislinger Ordnungsamts. Die Kontrollen sollen für die gut vernetzte Szene so unberechenbar wie möglich bleiben, da die jeweiligen Standorte der Blitzer über die sozialen Medien sehr schnell verbreitet würden.

Als typische Aufregerstellen bezeichnet Theiner den Einzugsbereich von Kindergärten und Schulen, aber auch Tempo-30-Zonen. Für diese Orte sei seine Behörde besonders sensibilisiert. Aber auch die großen Geislinger Einfallstraßen wie beispielsweise die Überkinger Straße und Abschnitte der durch die Stadt führenden Bundesstraße 10 gelten als beliebtes Pflaster für die meist jugendlichen Raser und Flanierfahrer. Sie fahren ihre technisch aufgemotzten Fahrzeuge gerne vor dem Publikum aus, das sich an Sommerabenden in Biergärten und Lokalen wie am Stadtpark und beim Einkaufszentrum Nel Mezzo aufhält.

Treffpunkte sind oft die Tankstellen

„Wir haben nichts gegen das Autotuning, aber es muss verkehrssicher sein“, sagt der Geislinger Polizeichef Jens Rügner. Vor allem an den Wochenenden trete die Szene in Erscheinung. Man treffe sich an ortsansässigen Tankstellen, wo die meist etwas älteren Wagen der Oberklasse geputzt und gegenseitig begutachtet würden. Viele Autos seien wie aus dem Ei gepellt, und die Umbauten überstiegen häufig den Restwert der zehn Jahre bis 15 Jahre alten Fahrzeuge.

So laut wie startende Düsenflugzeuge

„Hier werden Leidenschaften von echten Autofans ausgelebt“, beschreibt Rügner die Szene. Problematisch werde es allerdings, wenn nicht zulässige Teile eingebaut, Manipulationen an Motor und Karosserie nicht dem Tüv vorgeführt und Auspuffanlagen so verändert würden, dass Grenzwerte beim Lärmschutz weit überstiegen würden. Manches Auto sei so laut wie ein startendes Düsenflugzeug. Da liege es auf der Hand, dass Anwohner an den Treffpunkten der Szene nachts nicht schlafen könnten – zumal die Geislinger Topografie den Schall aus dem Tal bis in die an den Hängen liegenden Wohngebiete trage.

Die Polizei begegne den akustischen Auswüchsen mit einem geeichten Lärmpegelgerät. Mit der verstärkten Präsenz wollen die Ordnungshüter außerdem illegalen Rennen in der Stadt vorbeugen. Schließlich habe man sich auch deshalb für Schwerpunktkontrollen in der Stadt entschlossen, weil die Beamten solche Rennen bereits mit eigenen Augen beobachtet hätten.

Beschwerden gibt es bei der EWS-Arena

Als einigermaßen ruhig bezeichnet Konrad Aichinger die derzeitige Situation im Göppinger Stadtgebiet. „Wir haben dabei die Stuttgarter Straße immer im Blick und greifen mit Kontrollen und Geschwindigkeitsmessungen ein, wenn wieder gerast wird“, sagt der Leiter des Göppinger Polizeireviers. Vor allem der Abschnitt auf Höhe der Tankstelle und des Schnellrestaurants sei ein beliebtes Revier. Dies gelte auch für die Edeltuner, die vor allem Flanierfahrten unternähmen.

Beschwerden gebe es aus dem Umfeld vom Parkplatz der EWS-Arena, wo sich Autofans treffen. „Das geht immer eine Weile gut – und dann kommen wir als Spielverderber“, beschreibt Aichinger den typischen Ablauf der Treffen in der Szene.

Die Tuner fordern mehr Freiraum

„Irgendwann verliert man den Überblick. Es kommen immer mehr und mehr Leute mit ihren Autos, und dann dreht irgendeiner durch“, sagt ein Tuner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, über die typische Entwicklung solcher Treffs. „Solange es nur so um die zehn Autos sind, haben wir es im Griff“, sagt der junge Mann.

Für sein Autohobby und die Treffen mit Gleichgesinnten wünscht er sich mehr Freiraum – zum Beispiel in Gewerbegebieten, wo sich an den Wochenenden niemand gestört fühlen müsse. Denn zum Hockenheimring, so der junge Autoliebhaber, sei es ihm einfach zu weit.