Angela Merkel und Binali Yildirim treten nach ihrem Treffen vor die Presse. Foto: dpa

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim deutet beim Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel an, dass der deutsche Journalist Deniz Yücel frei kommen könnte. Doch Berlin verhält sich abwartend.

Berlin - Bewegung im Fall Deniz Yücel? Vielleicht. Hinter den Kulissen. Offiziell aber halten sich beide Seiten noch immer sehr bedeckt. „Die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit greifen“, sagt der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am Donnerstag auf der Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er hoffe, dass es „in Kürze“ zu einem Verfahren komme. Und dann gelte: „Jede Verhandlung ist eine Hoffnung.“ Vor den Kulissen blieb es beim Feststellen gegensätzlicher Positionen. Der Fall Yücel sei „von besonderer Dringlichkeit für uns“, sagte Merkel. Das habe sie in dem einstündigen Gespräch deutlich gemacht. Sie erwarte „ein schnelles rechtsstaatliches Verfahren“.

Heikle Ausgangslage

Heikler konnte die Ausgangslage vor dem Besuch des türkischen Regierungschefs am Donnerstag in Berlin nicht sein. Seit dem Putschversuch in der Türkei im Sommer 2016 sind rund zwei Dutzend Deutsche aus politischen Gründen festgenommen worden. Noch immer sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes sechs der Festgenommenen in türkischen Gefängnissen inhaftiert. Yücel ist der prominenteste Inhaftierte. Die Bundesregierung habe den Staatsstreich verurteilt, sagt Merkel. Aber „die Verhältnismäßigkeit bei der Aufklärung muss gewahrt bleiben.“

An das Treffen des türkischen Spitzenpolitikers mit der Bundeskanzlerin waren hohe Erwartungen geknüpft. Im Vorfeld seines Besuches hatte Yildirim angedeutet, er hoffe auf eine baldige Freilassung von Deniz Fall Yücel. Am Donnerstag beließ er es bei diesen Andeutungen.

Türkei interessiert an Waffenlieferungen

So erfreulich die Aussicht auf mögliche Bewegung im Falle der inhaftierten Deutschen ist – weniger kompliziert macht das die Lage der Bundesregierung nicht unbedingt. Die möchte um jeden Preis den Eindruck vermeiden, einen politisch zu hohen Preis für ein türkisches Entgegenkommen zu zahlen. Tatsächlich ist die Türkei an einer Aufrüstung ihrer deutschen Leopard-2-Panzer mit zusätzlichem Minenschutz durch den deutschen Hersteller Krauss-Maffei interessiert. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat dies ausgeschlossen, solange Yücel in der Türkei in Haft ist.

Die geschäftsführende Bundesregierung hat zudem die Entscheidung über neue Rüstungsgeschäfte auf Eis gelegt, bis eine neue Regierung in Berlin im Amt ist. Merkel hat diese Haltung nun ausdrücklich bekräftigt. Zwischen beiden Themen gebe es „keinerlei Verknüpfung“. Eine Aufrüstung der Panzer ist auch deshalb brisant, da sie derzeit bei der Offensive gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Afrin eingesetzt werden. Der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir sagte, die Freilassung Yücels dürfe nicht „zu einem schmutzigen Deal“ werden.

Einladung von Erdogan

Eigentlich wollten Merkel und ihr Gast eine andere Botschaft senden. Es soll „eine neue Phase“ der Beziehungen beider Länder geben, wie es Yildirim formulierte. Er überbrachte eine Einladung des Staatspräsidenten Erdogan an Merkel zu einem Türkei-Besuch. Auch Merkel will die Beziehungen wieder verbessern, denn man habe „gemeinsame Interessen in komplizierten Zeiten“.

Die 3,5 Millionen türkischstämmigen Menschen in Deutschland, die gemeinsame Nato-Mitgliedschaft, der Kampf gegen den Terrorismus und langjährigen stabilen Wirtschaftsbeziehungen zählte sie ausdrücklich als Brücke auf. Yildirim betonte seinerseits die Bedeutung der Türkei für Europa. Man habe Flüchtlingsströme nach Europa verhindert und beherberge drei Millionen Flüchtlinge. Merkel sagte zu, sich in der EU um effizientere Finanzhilfe für die Integration dieser Flüchtlinge zu bemühen. Die Kanzlerin sprach von „keinen einfachen, aber nützlichen Gesprächen“. Wie nützlich wird nicht zuletzt der weitere Verlauf des Falles Yücel zeigen.