Rocker machen dem LKA Sorgen Foto: dpa

Krieg der Kutten. Der Konflikt zwischen den „Osmanen Germania Box-Club“ und der Gruppierung „Bahoz“ ist zwar etwas abgeflaut. Doch das Landeskriminalamt sieht keinen Grund zur Entwarnung.

Stuttgart - Das baden-württembergische Landeskriminalamt warnt vor einem Wiederaufkeimen der Gewalt zwischen türkischen und kurdischen Rockern. Die Situation habe sich zwar oberflächlich wieder etwas beruhigt, sagte der Inspektionsleiter Organisierte Kriminalität, Ullrich Gruber, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Aber Entwarnung können wir nicht geben. Im Untergrund gibt es weiter die entsprechenden Rivalitäten. Die werden nur aktuell nicht offen ausgetragen. Der Konflikt kann jederzeit wieder aufflammen.“

Im Südwesten stehen sich nationalistische Türken, die sich in der Bande „Osmanen Germania Box-Club“ versammeln, und türkische Kurden in der Gruppierung „Bahoz“ (Sturm) gegenüber. Bei Auseinandersetzungen der beiden Gruppen Ende April 2016 in Stuttgart und Ludwigsburg wurden mehrere Menschen verletzt, einige davon schwer. Bundesweit hatte es in der Vergangenheit immer wieder Razzien gegen „Osmanen“-Mitglieder gegeben. Sie seien im Südwesten vor allem im Bereich der Türsteher-Szene aktiv, sagte Gruber.

Ein neues Phänomen

Nach Erkenntnissen der Polizei ist „Bahoz“ in Teilen aus der inzwischen verbotenen Gruppierung „Red Legion“ hervorgegangen. „Bahoz“ sei aber keine klassische rockerähnliche Gruppierung, sagte Gruber. Ihre Anhänger tragen den Angaben zufolge keine Kutten oder Jacken mit entsprechenden Emblemen. Im Gegensatz zu ihren Widersachern, den „Osmanen“. „Es ist ein neues Phänomen, dass zu den herkömmlichen Revierstreitigkeiten nun auch noch politische Anfeindungen eine Rolle spielen können.“

Die Zahl der „Osmanen“-Anhänger schätzt das Landeskriminalamt stabil auf rund 100 Personen. Im Gegensatz dazu hat sich die Zahl der Gruppierung rund um „Bahoz“ von 150 auf etwa 170 Personen im vergangenen Jahr leicht erhöht, wie LKA-Ermittler Marc Hetzel mitteilte.

Es gibt aktuell rund 50 Ermittlungsverfahren rund um die Auseinandersetzungen zwischen beiden Gruppierungen. Mehrere Personen sitzen in Untersuchungshaft. Den „Osmanen“ werden laut Medienberichten auch gute Kontakte in die türkische Politik nachgesagt. Gruber sagte: „Es gibt entsprechende Bilder, die „Osmanen“ und regierungsnahe türkische Personen zeigen. Aber ob eine politische Einflussnahme der Vereinigung aus der Türkei erfolgt, können wir nicht sagen. Dazu haben wir keine Erkenntnisse.“

26 Ermittlungsverfahren

Insgesamt gab es 2016 im Bereich der Banden- und Organisierten Kriminalität 26 Ermittlungsverfahren an denen Rocker oder Mitglieder rockerähnlicher Gruppierungen beteiligt waren. Die Gruppierung „United Tribuns“ macht den LKA-Ermittlern weiterhin Arbeit. „Sie sind im Bereich Menschenhandel aktiv. Die Hintermänner sitzen in Bosnien. Und an die kommen wir nicht heran“, sagte Gruber.

Aktuell gibt es etwa 65 „Tribuns“-Anhänger in sechs Ablegern in Baden-Württemberg. Hetzel sagte: „Wir verzeichnen weniger Anhänger. Es gibt aber kein Grund zur Entwarnung.“ Gegründet wurde diese Gruppe 2004 in Villingen-Schwenningen. Die Anhänger locken Frauen aus Osteuropa nach Deutschland und zwingen sie dann zur Prostitution, berichtete Hetzel weiter. „Hier geht es auch um Zwangsprostitution. Nur wenige Frauen sind bereit, gegen ihre Peiniger auszusagen.“