Die drei Tübinger mit ihren Holz-Surfboards auf einer Messe in München: Schreiner Arne Schray, Valentin Scholz und Patrick Baur (von links). Foto: Cuna/Patrick Baur

Der Schreiner Arne Schray und seine zwei Kumpels wollen den Surfsport nachhaltiger machen: Mit Surfbrettern aus Holz, die bereits jetzt an Stränden in Marokko oder Andalusien getestet werden. Viele Surfer sind am Anfang skeptisch – und dann verblüfft.

Wenn Arne Schray in seiner Werkstatt mit den Händen über eines seiner Surfboards streift, über deren Bauweise aus Holz spricht und technische Details erklärt, ist die Begeisterung in seinen Augen greifbar. Hier wird geschliffen, gehobelt, gebogen: Der Schreinermeister baut in Tübingen keine Möbel, sondern das, wofür er als Surfer in seinem Sport schon seit längerem einen Bedarf sieht: eine nachhaltige Alternative zu den herkömmlichen Surfbrettern aus Kunststoff – zugänglich für eine breite Masse an Hobby-Surfern. „Ich will Surfboards bauen, die ohne giftige Stoffe auskommen – und von denen alle Bestandteile zurück in den Kreislauf kommen“, sagt der 27-Jährige.

 

Bisher würden die meisten ausgedienten Surfboards aus Schaumstoff wegen des verbauten Materials auf dem Müll landen. Schray will das ändern, machte sich selbstständig und führt nun sein eigenes Unternehmen „cuna surfboards“ – zusammen mit seinen zwei Kumpels Patrick Baur (29) und Valentin Scholz (30), ebenfalls leidenschaftliche Surfer, die Schrays Vision teilen: Surfbretter aus Holz massentauglich machen.

Denn viele Anbieter der nachhaltigen Alternativen in Deutschland würden meist nur für eine kleine, umweltbewusste Surfer-Zielgruppe bauen. Die drei Tübinger aber wollen „Handwerk und Technologie verbinden“, wie sie sagen. In der Werkstatt zeigt der riesige Stapel Kartons, mit der die Surfboards verschickt werden sollen, wohin sie wollen: Bis zu 1000 Surfboards sollen jährlich produziert und verkauft werden. Anfangs dauerte es bis zu 50 Arbeitsstunden für ein Board, mittlerweile sind es nur noch 15 Stunden – und mit maschineller Unterstützung soll die Arbeitszeit pro Surfboard bald auf zehn oder acht Stunden sinken. Aber wer braucht schon Surfboards in Tübingen? Der Neckar taugt kaum zum Surfen – und die beliebten Surfspots liegen weit entfernt an der Atlantikküste. Doch die Nachfrage in Deutschland sei hoch, wie Schray aus Erfahrung weiß. Als er sich in Spanien bei einem Schreiner das Know-how für Holz-Surfbretter aneignete, fiel ihm auf: „90 Prozent der Boards, die wir dort gebaut haben, wurden nach Deutschland geschickt“, erzählt er. Warum also nicht gleich die Produktion dorthin verlagern, wo sich offenbar eine große Surferszene tummelt? „Wir dachten, wir müssen ans Meer, aber so ist es jetzt sogar besser – wegen kürzerer Transportwege“, sagt Schray.

Aber wer braucht schon Surfboards in Tübingen?

Eines Tages soll das verbaute Holz in einem eigenen Waldstück wachsen

Aber auch an den Stränden der Atlantikküste von Bordeaux bis nach Andalusien seien in großer Zahl deutsche Hobby-Surfer anzutreffen, erzählt er. An mehreren Surfspots, auch über Europa hinaus, kommen die Surfboards aus Tübingen bereits zum Einsatz: Teneriffa, Marokko, Mexiko – Patrick Baur hat die Boards auf seinen Reisen an Surfer mit großer Reichweite in den Sozialen Medien zum Testen übergeben. Die Surfer sind am Anfang skeptisch – und dann verblüfft, erzählt er: „Viele denken, dass die Boards aus Holz sehr schwer sind, aber das ist bei uns nicht mehr der Fall.“

Die Bauweise ihrer Bretter mache das möglich: Innen sind sie hohl – bis auf ein leichtes Gerüst aus Holz, das alles zusammenhält. Nur noch ein Hauch mehr Gewicht als die herkömmlichen aus Kunststoff bringen die Holz-Boards auf die Waage. „An windigen Tagen gibt das auch Sicherheit in den Wellen“, sagt Arne Schray.

Das besonders leichte Paulownia-Holz verbaut der Schreiner in den Surfbrettern, es stammt überwiegend aus Deutschland und dem europäischen Ausland. Die spezielle Baumart möchte das junge Unternehmen eines Tages in einem eigenen Waldstück selbst anpflanzen. „Der Baum wächst schnell, bindet viel CO2 – und aus einem gefällten Stamm sprießt ein neuer“, erklärt er. „Der Baum wird also nicht getötet, sondern viel mehr geerntet.“ Die Umwelt liegt ihm am Herzen, Schray ernährt sich vegan – und auf der Internetseite des Unternehmens heißt es: „Klimaschutz – eine aussichtslose Sache? Glauben wir nicht.“

Holz-Surfboards ab 1750 Euro zu haben

Umweltfreundliche Surfboards sind jedoch nicht ganz günstig: Während ein gutes Standard-Schaumstoffboard für 700 bis 800 Euro zu haben sei, geht es für ein Board aus Holz im Online-Shop von „cuna surfboards“ bei 1750 Euro los. Gut investiertes Geld, versichert Schray: „Unsere Boards halten über Generationen, während die aus Schaumstoff zum Teil schon nach fünf Jahren oder sogar schneller durch sind.“

Noch stehen die drei Tübinger mit ihrem Unternehmen ganz am Anfang: Die ersten Boards wurden aber bereits verkauft, unter anderem an ein veganes, nachhaltiges Surfcamp in Spanien. Viele weitere sollen folgen. Dafür setzen Schray, Scholz und Baur nun auch auf eine Kampagne der Crowdfunding-Plattform Kickstarter, mit der sie nach dem „Alles-oder-nichts“-Prinzip 10 000 Euro einnehmen und bekannter werden wollen. Damit bald an immer mehr Stränden Surfer mit den Holzboards aus Tübingen die Wellen reiten.