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Neu gestaltete Tübinger Straße als Portal in ein Viertel mit Einzelhandel, Kunst und Kultur in der Architektur des 19. Jahrhunderts.

Stuttgart - Das Konzept des Shared Space, der Gleichberechtigung von Fußgängern, Zweirad- und Autofahrern war vom Bezirksbeirat Mitte gewollt. „Damit lernen die Verkehrsteilnehmer wieder gegenseitig auf sich zu achten, weil niemand Vorfahrt hat“, sagt Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin Stuttgart-Mitte. Jetzt hoffe man auf den zweiten Bauabschnitts für Shared Space von der Sophienstraße bis zur Paulinenbrücke. „Das Geld dafür wird wohl im nächsten Doppelhaushalt im Oktober 2013 bereitgestellt.“ Auch die Marienstraße soll durch Umgestaltung attraktiver werden. Kienzle: „Auch dafür brauchen wir das Geld im kommenden Doppelhaushalt.“

Lob zollt die Bezirksvorsteherin den Gewerbetreibenden der Tübinger Straße: „Sie haben seit Anfang Juni durch den Umbau viel Kummer hinnehmen müssen. Dennoch haben sich alle mit einer einzigen Ausnahme für die Neugestaltung engagiert.“ Für die Orientierung der Kunden und Besucher im Gerberviertel müsse die Stadtverwaltung aber noch bei der Beschilderung nacharbeiten.

City-Manager fordert die baldige Sanierung der Marienstraße

„In den vergangenen Jahren hatte die Straße zunehmend ein Schattendasein geführt, weil sich das Interesse der Kunden auf die Königstraße konzentriert hat“, sagt City-Manager Hans H. Pfeifer. Jetzt werde die Tübinger Straße mit dem Zentrum zusammengeführt und biete den Kunden einen überschaubaren Straßenquerschnitt mit schöner Bausubstanz und individueller Handelsstruktur durch kleinere Geschäfte. Pfeifer: „Beides, die Großstadtausstrahlung der Königstraße und der kleinstädtische Charme der Tübinger Straße machen die Atmosphäre der Innenstadt aus.“ Aber auch der City-Manager fordert die baldige Sanierung der Marienstraße sowie den Umbau des Bereichs von der Tübinger Straße in die Eberhardstraße. Auch die Neugestaltung der Kronprinzenstraße sei zwingend, sagt Pfeifer: „Wir müssen auf die Weise das klassische Zentrum stärken, damit sich nicht alles um den Bahnhof herum konzentriert.“

Angesichts all dieser Pläne blicken die Geschäftsleute der Tübinger Straße optimistisch in die Zukunft. „Insgesamt ist das Erscheinungsbild der Straße, die sehr lange vernachlässigt worden ist, jetzt weit besser. Ich hoffe, dass durch das Gerber, das 2014 eröffnet werden soll, mehr Leute herkommen“, sagt Kerstin Sänger, Inhaberin des gleichnamigen Fotohauses. Das Projekt habe den Nachteil, dass 20 Parkplätze weggefallen seien. Außerdem habe die Baustelle im August die Kundenfrequenz auf etwa die Hälfte reduziert. Dadurch hat sie vor allem im August Einbußen gehabt. Doch nun blickt sie zuversichtlich in die Zukunft. Denn durch breitere Bürgersteige haben die Kunden mehr Raum zum Bummeln.

Unattraktiv geht es noch im nicht sanierten Bereich bei der Paulinenbrücke zu

Jara und Fee Kallas vom Modehaus Kallas – Fashion and Soul freuen sich ebenso über die Sanierung der Straße. „Wir hatten Einbußen durch die Baustelle und viel Schmutz in unserem Geschäft. Wir glauben aber, dass die Straße jetzt zur Flaniermeile wird. Jetzt fehlt nur noch eine gute Beschilderung, die das Gerberviertel für alle sichtbar macht.“ Geschäftsinhaber Norbert Kallas hat mit Tamer Bilgi vom Café Mocca zur feierlichen Straßeneröffnung das Gerberviertel-Fest organisiert. Ab 16 Uhr unterhalten Live-Bands die Passanten mit deutschen, englischen, türkischen und brasilianischen Klängen. „Glanzlicht dabei ist die fünf Meter hohe, leuchtende Dundu-Figur“, sagt Jara Kallas.

„Die neu gestaltete Tübinger Straße lockt jetzt Menschen in ein faszinierendes Stadtviertel mit schöner Architektur, in dem man nicht nur hochwertig einkaufen, sondern auch Galerien und Theater, Kunst und Kultur erleben kann“, sagt Kalliopi Bamiatzi, Inhaberin der Paulinen-Apotheke. Unattraktiv geht es noch im nicht sanierten Bereich bei der Paulinenbrücke zu. Viele Passanten stören sich an einer Szene aus Wohnungslosen und Alkoholikern. Auch nach der Neugestaltung des Straßenabschnitts von der Sophienstraße bis zur Brücke wird sich daran wohl nichts ändern. „Es gibt in dieser Szene mit vielen Alkoholkranken und Einzelnen mit Mischkonsum aus Alkohol und Drogen, welche die benachbarten Beratungszentren aufsuchen, regelmäßig Polizeikontrollen“, sagt Uwe Czier von der Ortspolizeibehörde. Es lägen jedoch in der Regel keine Straftaten vor, und weil die Gegend öffentlicher Raum sei, habe die Stadt keine rechtliche Handhabe, die Szene aufzulösen.

Die Tübinger Straße wird an diesem Samstag, 15 Uhr, für den Verkehr freigegeben. Ab 16 Uhr spielen internationale Live-Bands beim Gerberviertel-Fest bis 22 Uhr. Die meisten Geschäfte sind wegen der langen Einkaufsnacht „S-City leuchtet orange“ bis 24 Uhr geöffnet.