Die Tigers (in gelb) geraten ins Straucheln. Foto: Baumann

Rechnerisch ist der Abstieg zwar noch nicht ganz perfekt. Doch schon nach dem Heimspiel gegen Jena an diesem Samstag könnte das Schicksal der Basketballer der Walter Tigers Tübingen besiegelt sein.

Tübingen - Irgendwie scheint in dieser Saison ein Fluch auf der Tübinger Paul-Horn- Arena zu liegen. Heimvorteil? Von wegen! Siege der Gastgeber sind eine Rarität.

Die Volleyballer des TV Rottenburg haben es mit einem Erfolg geschafft, in der ersten Liga zu bleiben. Davon kann der Hallen-Mitbewohner Walter Tigers Tübingen nur träumen. Basketball ist eben eine andere Welt im deutschen Sport, mit höheren Ansprüchen. Auch wenn die manchmal schmerzlich sein können – und mit dem Abstieg enden. Der könnte für das Team nach dem Heimspiel am Samstag (20.30 Uhr gegen Jena) auch rechnerisch besiegelt sein.

So oder so: Seit Wochen schon plant der Geschäftsführer Robert Wintermantel zweigleisig, alles andere wäre unrealistisch mit nur einem Sieg auf dem Konto. Der 9. Dezember 2017 gilt in dieser Saison bisher als historisches Datum mit dem 80:67 gegen Göttingen. Das erinnert ein bisschen an die Fußballer von Tasmania Berlin, die 1966 sang- und klanglos (mit acht Punkten) aus der Bundesliga abgestiegen waren. Nach nur einer Saison. In Tübingen liegt der Fall anders. Die Tigers waren 14 Jahre lang erstklassig, gehörten schon zum Inventar der Liga. Nun geht eine Ära zu Ende.

Starke zweite Liga

Doch Wintermantel weiß: „Jeder Abstieg ist auch die Chance für einen Neuanfang.“ Und den will der Geschäftsführer, der seit zehn Jahren im Amt ist und den Verein zumindest wirtschaftlich konsolidiert hat, nutzen. Das Ziel lautet Wiederaufstieg, auch wenn der Ex-Spieler warnt: „Das wird kein Selbstläufer.“ Denn die zweite Liga, im Basketball ProA genannt, hat sich extrem gemausert und ihre Budgets in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt verdoppelt. Wobei die Tigers ihren Drei-Millionen-Etat natürlich herunterfahren müssen. „Wir hoffen, dass am Ende eine Zwei vorne steht“, sagt Wintermantel, der sich in regem Austausch mit Sponsoren befindet. So hat die Kreissparkasse Tübingen ihr Engagement zuletzt auch für die zweite Liga verlängert.

Der Mitteldeutsche BC hat es vergangene Saison vorgemacht – und den Abstieg umgehend korrigiert. Doch inzwischen tummeln sich im Unterhaus etliche ambitionierte Clubs wie Köln oder Hamburg, aber auch Ex-Bundesligisten wie Crailsheim oder Vechta. Zudem entscheiden erst die Play-offs der acht besten Teams, wer die beiden Aufstiegsplätze einnimmt.

Das wird ein harter Weg. Und ein unbekannter dazu. Denn es gelten andere Regularien als in der BBL. „Es müssen immer zwei deutsche Spieler auf dem Feld stehen“, sagt Wintermantel – die optisch sinnigerweise mit einem Deutschland-Fähnchen gekennzeichnet sind, um das auch nach außen zu dokumentieren. Von den vorhandenen Spielern in Tübingen – speziell den Ausländern – wird sowieso kaum einer bleiben. „Es wird eine große Fluktuation geben“, ahnt Wintermantel und fügt hinzu: „Wir wollen auch mehr eigene Spieler integrieren.“ Sprich aus dem Regionalliga- und Nachwuchsteam. „Sollten wir wieder aufsteigen, wollen wir gestärkt aus der Saison herausgehen.“

Auch Trainerwechsel hilft nicht

In dieser Saison hatten gerade etablierte Profis wie die Amerikaner Jared Jordan oder Phillipp Stewart die Erwartungen nicht erfüllen können, Kris Richard wiederum wechselte mitten in der Saison (wegen ein paar Dollar mehr?) nach Rumänien, das im Basketball nicht gerade Spitzenklasse verkörpert. Am Ende verpuffte selbst der obligatorische Trainerwechsel. Mathias Fischer kam Anfang Dezember nach zehn Niederlagen für den glücklosen Tyron McCoy, der Rest ist bekannt. Nach der Niederlage gegen Frankfurt sagte Fischer: „Ich bin mit den Spielern zufrieden, die in den letzten 15 Minuten auf dem Feld standen. Sie haben Einsatz, Wille und Leidenschaft gezeigt. Das hat mir bei einigen Spielern von Beginn an gefehlt.“ Dieses Problem zog sich durch die Saison, auch für Wintermantel, der zugibt: „Es ist uns nicht gelungen, einen richtigen Teamgeist zu entwickeln.“

Sinnbildlich dafür stand Center Javon McCrea, der während der Saison aus Bayreuth kam, aber nach drei Monaten wieder in Richtung Puerto Rico verschwand. „Reisende soll man nicht aufhalten“, sagt Wintermantel am Handy, an dem er mit einigen Netzproblemen kämpft. „Wir haben hier auf der Geschäftsstelle sehr dicke Mauern“, sagt er entschuldigend. Und jetzt brauchen sie in Tübingen vor allem ein sehr dickes Fell bei bisher nur einem Sieg. Ein schwacher Trost in diesem Fall ist dies: Die Saison hat ja noch sieben Spiele.