Boris Palmer, Tübinger Oberbürgermeister, will für Ordnung in seiner Stadt sorgen. Foto: dpa

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat wieder den Ortspolizisten abgegeben. Über Facebook berichtete der Grünen-Politiker, wie er Donnerstagabend einen Verkehrssünder ertappt und angezeigt hat.

Tübingen - Auf seinem Facebook-Account hat der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer am Freitagmorgen einen Vorfall geschildert, den er mit der Überschrift „Hilfssheriff im Einsatz“ versehen hatte. Daran schildert er, dass es im Tübinger Gemeinderat spät geworden sei, es ging bis nach 22 Uhr und als er „die Akten zu hatte“, sei es schon 23 Uhr gewesen. Dann berichtet Palmer wortwörtlich: „Auf dem Heimweg stand ein Auto auf dem Gehweg, niemand drin, aber laufender Motor. In solchen Situationen hat mein Vater einfach den Schlüssel abgezogen und mitgenommen. Es kamen aber zwei Männer, Mitte 20, vom Sparkassenautomaten und stiegen ein.“ Er habe, so Palmer auf Facebook, daher „freundlich“ gesagt: „Sind Sie bitte so nett und machen in Zukunft den Motor aus.“ Daraufhin sei aber, wie es heute so üblich sei, kein „Sorry und keine Einsicht“ erfolgt, stattdessen hätten die Kontrahenten sofort gesagt: „Das geht Sie nichts an. Wer sind Sie denn?“ Er habe daraufhin erwidert, so Palmer, dass er der Oberbürgermeister sei.

„Diesmal wollte der Fahrer den Ausweis sehen. Immer noch keine Einsicht, sondern höhnisches Gelächter. Was tue ich also? Ein Foto vom Nummernschild und Anzeige. Halten auf dem Gehweg an der Bushaltetelle im absoluten Halteverbot und Verstoß gegen das Verbot, den Motor unnötig laufen zu lassen“, heißt es in Palmers Facebook-Erklärung. Es sei ihm „völlig egal“, so Palmer, ob das jemand spießig finde. „So geht es einfach nicht. Wer gegen etwas verstößt und dann wenigstens ein, es Soll-nicht-wieder-vorkommen über die Lippen bekommt, der erhält von mir ein „Danke“ und einen „Schönen Abend“. Aber derartige Renitenz kann nur mit Bußgeld beantwortet werden.“ Zu seinem Facebook-Eintrag stellte Palmer einen Auszug aus der Straßenverkehrsordnung, Paragraf 30, wonach bei Fahrzeugen „insbesondere das unnötige Laufen von Motoren“ verboten sei. Das Parken auf Gehwegen kann mit 20 Euro Bußgeld geahndet werden.

Der 46 Jahre alte Palmer regiert die Universitätsstadt seit 2007. Mit seinen kritischen Positionen aber auch mit seinen Aktionen eckt er in der eigenen Partei immer wieder an. Am 13. November stellte der Grüne in Tübingen einen Studenten zur Rede, der ihn angeblich beleidigt haben soll und zeigte ihn in seiner Eigenschaft als Leiter der Ortspolizeibehörde wegen Ruhestörung an. Der Vorfall schlug heftige Wellen in der Lokalpolitik und sorgte bundesweit für Aufmerksamkeit. Auch Palmers jüngste Aktion wird stark beobachtet: Auf Facebook zog die Nachricht binnen Kürze Hunderte von „Likes“ auf sich, innerhalb einer Stunde waren 80 Kommentare zu lesen. Die überwältigende Mehrheit stand Palmers Aktion positiv gegenüber. Einer der wenigen Kritiker meinte, Palmer sei doch Bürgermeister und nicht Polizist. Ein anderer sagte, würde Palmer sich so „in Berlin verhalten“, wäre er schon tot. Ein dritter bemerkte, dass anders als bei dem Vorfall mit dem Studenten in diesem Fall wegen des laufenden Motors tatsächlich eine Ordnungswidrigkeit vorgelegen habe, beim Streit mit dem Studenten habe Palmer diese aber selbst provoziert. Der Oberbürgermeister wies dies im Internet umgehend als „falsch“ zurück: Im Falle des Studenten habe eine strafrelevante Beleidigung vorgelegen. Unserer Zeitung sagte Palmer am Freitag, er habe nie Angst, wenn er Regelverstöße kritisiere. „Bürger sprechen mich oft auf der Straße an. Ich soll weitermachen und mich nicht beirren lassen.“