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Baby in Novembernacht im Kofferraum gelassen - Mutter will eingeschlafen sein.

Tübingen - Eine 44-jährige Mutter hat vor Gericht gestanden, ihr Baby unmittelbar nach der Geburt über Nacht im kalten Auto zurückgelassen zu haben. Sie habe das Kind aber nicht umbringen wollen, beteuerte die Angeklagte am Freitag vor dem Tübinger Landgericht. Die Frau hatte das Mädchen im vergangenen November bei Bodelshausen (Kreis Tübingen) auf einem Parkplatz zur Welt gebracht und dann in den Kofferraum gelegt. Sie habe den Säugling später ins Haus holen wollen, sei dann aber eingeschlafen, sagte sie. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Totschlags erhoben.

Die Leiche der Mädchens hatte die Polizei erst Monate später in der Garage der Frau gefunden. Wochenlang hatte sie nach der Tat bei der Polizei noch vehement geleugnet, was wirklich passiert war. Erst nach drei Monaten stürzte ihr Konstrukt aus unzähligen Lügen zusammen.

Frau zum siebten Mal schwanger

Zum siebten Mal war die heute 44-Jährige im vergangenen Jahr schwanger - und wie schon einige Male zuvor schaffte es die zierliche Frau, ihre Schwangerschaft vor allen geheim zu halten. Als am 19. November 2009 Wehen einsetzten, fuhr sie auf einen abgelegenen Parkplatz und brachte das Mädchen zur Welt.

Ein Wunschkind sei die Kleine einerseits gewesen - andererseits habe sie Angst gehabt, weil sich ihre Mutter und ihr Stiefvater wegen der vielen Kinder schon früher negativ geäußert hätten. Auf keinen Fall hätte sie das Kind abtreiben lassen, sagte sie vor Gericht. „Ein Leben einfach abzutöten - damit könnte ich für mich nicht umgehen.“

Bereits fünf Jahre zuvor einen Jungen ausgesetzt

Ihr Plan sei gewesen, das Kind zur Welt zu bringen und dann in eine Babyklappe zu legen oder in einem Krankenhaus zurückzulassen. So wie fünf Jahre vorher schon einmal. Da hatte die Frau heimlich einen Jungen zur Welt gebracht und auf der Toilette einer Tübinger Klinik ausgesetzt. Damals überlebte der Junge und kam unter Aufsicht des Jugendamts sogar zurück zu seiner Mutter. Das habe so gut geklappt, dass sie das diesmal wieder so ähnlich vorgehabt hätte.

Nach der Geburt im vergangenen November habe sie den Säugling in zwei Teppiche gewickelt und sei nach Hause gefahren. Dort habe sie dann erstmal für alle anderen Abendbrot gemacht und sich nicht weiter im das kleine Mädchen gekümmert. „Ich wollte sie erstmal im Auto lassen, bis die Kinder schlafen, damit sie das nicht mitkriegen.“ Später habe sie das Mädchen dann über Nacht reinholen wollen - aber sie sei einfach auf der Couch eingeschlafen. „Als ich den nächsten Morgen aufgewacht bin, war mein erster Weg zum Auto. Und da habe ich dann festgestellt, dass sie nicht mehr atmet.“ Bekannten erzählte sie schließlich von einer Totgeburt - die Polizei ermittelte zunächst wegen des Verdachts auf eine illegale Abtreibung.

Schwierige Beweislage

Die Richter stehen nun vor der schwierigen Aufgabe, herauszufinden, was die Frau damals wirklich vorhatte. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass es ihre Absicht war, das Mädchen umzubringen. Oder war sie einfach nur verzweifelt und ist dann tatsächlich erschöpft auf dem Sofa eingeschlafen? Der Prozess zieht sich wegen der schwierigen Beweislage immer weiter in die Länge. Mit einem Urteil ist nicht vor Mitte November zu rechnen.