Trainer bei der TSG 1899 Hoffenheim ist Ralf Rangnick. Foto: Baumann

Hoffenheims Manager über die Krise, Ausländer im Team und den Charakter seiner Spieler.

Stuttgart - Erst sieben Punkte hat Fußball-Bundesligist 1899 Hoffenheim in der Rückrunde geholt. Dafür macht Manager Jan Schindelmeiser die Verletztenmisere verantwortlich, aber auch den Höhenflug der vergangenen Saison, der bei einigen Spieler noch nachwirkt: "Der Fokus auf den Job ging teilweise verloren."

Herr Schindelmeiser, welche Gefühle beschleichen Sie beim Blick auf die aktuelle Bundesliga-Tabelle?

(Überlegt lange.) Ich versuche, nicht drauf zu schauen.

1899 Hoffenheim ist Elfter, mit neun Siegen und zwölf Niederlagen.

Der Tabellenstand entspricht dem Fußball, den wir zuletzt gespielt haben.

Machen Sie sich Sorgen?

Weshalb?

Weil Sie nur noch neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz haben.

Mein Blick geht nicht primär nach unten. Ich bin überzeugt, dass wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben werden. Gleichwohl müssen wir hellwach sein, um gar nicht erst in eine Situation zu kommen, die uns größere Sorgen bereitet. Um beruhigt für die Zukunft planen zu können, benötigen wir noch einige Punkte - je früher desto besser.

Hatten Sie sich das zweite Jahr in der Bundesliga einfacher vorgestellt?

Nein, eher haben sich unsere Befürchtungen bewahrheitet.

Sie haben mit einer sportlichen Krise gerechnet?

Nein, natürlich nicht. Aber nahezu alle Clubs tun sich im zweiten Jahr nach dem Aufstieg sehr schwer. Ich hatte gehofft, dass uns diese Entwicklung nicht ganz so arg treffen würde. Die vergangenen drei Jahre in Hoffenheim waren außergewöhnlich. Die Erfolge haben eine hohe Erwartungshaltung generiert. Unsere holprige Phase ist vor diesem Hintergrund eher Normalität.

Eine Phase?

Genau das ist der Punkt. Der Trend derzeit ist negativ. Das können wir akzeptieren, solange es eine Phase bleibt, die vorübergeht. Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht in die Erfolgsspur zurückkehren sollten.

Wie reagiert 1899-Mäzen Dietmar Hopp auf die sportliche Talfahrt?

Der Umgang mit ihm ist weiterhin äußerst angenehm.

Aber der Ton wurde zuletzt doch etwas rauer, oder?

Das war nach der Heimniederlage gegen den FSV Mainz, über die wir alle sehr enttäuscht waren, weil wir durch die Niederlage eine große Chance vergeben haben, noch einmal wider Erwarten oben heranzuschnuppern. Dafür war der Ton noch moderat, auch bei Dietmar Hopp.

Es könnte also noch ungemütlicher werden?

Auch er ist natürlich mit den Resultaten und dem Fußball, den wir zur Zeit spielen, nicht wirklich zufrieden. Aber in 90 Prozent aller Bundesliga-Clubs wäre in einem solchen Fall die Atmosphäre um einiges schlechter.

Trotzdem hat Dietmar Hopp angekündigt, künftig vermehrt auf deutsche Spieler bauen zu wollen.

Das ist doch keine neue Strategie. Es ist integraler Bestandteil unserer Vorgehensweise, auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu setzen.

Weil Sie nicht zufrieden sind mit den Profis, die Sie aus Afrika oder Südamerika geholt haben?

Nein, sondern weil es Sinn macht, es zunächst mit Leuten aus der Region oder dem eigenen Land zu versuchen. Aber es muss auch die Qualität da sein, und die ist oft nur mit einem hohen Aufwand zu bekommen. Derzeit haben wir eine gute Balance im Team, und die ausländischen Jungs, die schon zwei oder drei Jahre bei uns sind, sprechen gut Deutsch und sind richtig integriert. Außerdem waren sie in einem entscheidenden Maß an der positiven Entwicklung des Clubs beteiligt - und sind es noch.

Und die anderen?

Wir werden die Zahl der Spieler im Kader, die unsere Sprache nicht sprechen, nicht weiter erhöhen.

Pressing, Laufbereitschaft und Tempo haben Ihr Team stark gemacht. Warum sind diese Tugenden kaum noch zu sehen?

Richtig ist, dass wir derzeit nicht den Fußball aufs Feld bekommen, den wir uns vorstellen. Aber das hat viel mit den Spielern zu tun, die nicht auf dem Platz stehen.

Die Verletzten.

Ich will dieses Thema nicht vertiefen - das macht die Spieler nicht besser, die derzeit im Einsatz sind. Aber klar ist: Viele von ihnen sind noch nicht so weit wie die Spieler, die unser Spiel in der Vergangenheit geprägt haben.

Was tun Sie, um eine ähnliche Verletzungsmisere in Zukunft zu vermeiden?

Wir haben einen Trainer speziell für Rehabilitation und Prävention abgestellt.

Ist das alles, was ein Verein machen kann?

Wir werden künftig noch mehr in unseren medizinischen Bereich investieren. Und wir werden auf unsere afrikanischen und südamerikanischen Spieler einwirken, vielleicht auch mal auf ein bedeutungsloses, mit großen Reisestrapazen verbundenes Länderspiel zu verzichten, wenn sie nicht ganz fit sind.

Die Ausfälle sind ein Grund dafür, dass 1899 Hoffenheim in dieser Saison seine Ziele verfehlen wird. Spielt auch der Charakter der Profis eine Rolle?

Wir haben charakterlich ein absolut integeres Team, die grundsätzliche Atmosphäre ist geprägt von großem gegenseitigen Respekt.

Sie sind also optimistisch, die Wende zu schaffen?

Ja, weil keiner fahrlässig mit der Situation umgeht. Und weil wir genügend Qualität im Team haben.

Wolfsburgs Manager Dieter Hoeneß buhlt angeblich um Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick. Auch dazu hat sich 1899-Manager Jan Schindelmeiser geäußert. Mehr dazu lesen Sie in unserer Printausgabe vom 17. März.