Sie haben Post: US-Außenminister Mike Pompeo (rechts) hat von Heiko Maas und anderen europäischen Amtskollegen einen Forderungskatalog zugestellt bekommen. Ob das den Hardliner beeindruckt? Foto: AP

Frankreich, Großbritannien und Deutschland wollen gemeinsam mit der EU den Atom-Deal mit dem Iran retten und europäische Unternehmen vor dem Zorn des US-Präsidenten schützen. Sie senden einen Brief mit klaren Forderungen.

Berlin - Das nennt man dann wohl einen Brandbrief: Ein gemeinsames Schreiben von EU, Frankreich, Großbritannien und Deutschland soll die Regierung Donald Trumps davon abhalten, europäische Firmen, die mit dem Iran Handel treiben, mit Sanktionen zu belegen. Der Brief, der dieser Zeitung vorliegt, ist ein bemerkenswertes Dokument europäischer Geschlossenheit, freilich dem Umstand geschuldet, dass die Not groß ist. Und ob die Initiative von Erfolg gekrönt sein wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Europäische Schwergewichte machen Rettungsversuche

Seit US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt hat, versuchen die drei europäischen Schwergewichte gemeinsam mit der EU zu retten, was zu retten ist – und rücken so wieder näher zusammen. Sie versprechen dem Iran, sich an Vereinbartes zu halten, in der Hoffnung, dass Teheran seinerseits vertragstreu bleibt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Handel mit Europa nicht zusammenbricht. Und eben dies strebt Trump offenbar an. Deshalb hat er angekündigt, europäische Unternehmen, die im Iran investieren, mit Sanktionen zu belegen. Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, hat sich über Nacht einen Namen gemacht, indem er mit einem Droh-Tweet an deutsche Unternehmer dokumentierte, wie ernst es Trump ist.

Deshalb nun, neben vielen anderen Bemühungen, dieses knappe, aber deutliche Schreiben an Finanzminister Steven Mnuchin und Außenminister Mike Pompeo, unterzeichnet von sieben Ministern der drei Regierungen. Für Deutschland signierten Außenminister Heiko Maas (SPD), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Für die EU unterschrieb Außenbeauftragte Federica Mogherini. In dem Brief wird eindringlich darum gebeten, Ausnahmen zu garantieren für EU-Unternehmen, die nach Inkrafttreten des Abkommens am 16. Januar 2016 Geschäfte im Iran angebahnt oder abgeschlossen haben.

Man teile zwar die Sorge der USA mit Blick auf die Zeit nach dem Auslaufen des Vertrags 2025, beobachte auch kritisch das ballistische Raketenprogramm und missbillige Versuche des Iran, die Region etwa in Syrien zu destabilisieren. Dennoch sei aus Sicht der Europäer das Abkommen, einstimmig vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet, der einzig belastbare Ansatz, den Iran von Atomwaffen abzuhalten. Deshalb halte man daran fest. „Als Alliierte erwarten wir, dass die Vereinigten Staaten Abstand von Maßnahmen nehmen, die europäische Sicherheitsinteressen verletzen“, heißt es in ungewöhnlicher Deutlichkeit.

Weitreichende Ausnahmen von Sanktionen gefordert

Die USA sollen nun „öffentlich bestätigen“, dass pharmazeutische und Gesundheitsprodukte nicht sanktioniert werden. Daneben soll weiter in den Bereichen Energie, Auto, zivile Luftfahrt und Infrastruktur ungestraft gehandelt werden dürfen. Auch für den Bankenbereich fordert man weitreichende Ausnahmen. Flankierend dazu beschloss die EU-Kommission den Schutz europäischer Unternehmen vor Strafmaßnahmen. Auch das Mandat der Europäischen Investitionsbank zur Kreditvergabe für Iran-Geschäfte wird erweitert.

Das Streben nach Einigkeit erntet auch bei Grünen und FDP Zustimmung. Der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour, Hesse mit iranischen Wurzeln, sagte unserer Zeitung: „Dieses Abkommen ist Kerninteresse Europas, weil es das wichtigste Hindernis für eine Nuklearisierung des Nahen Ostens ist.“ Deshalb sei „diese Initiative richtig“, so der außenpolitische Sprecher. Es komme nun darauf an, welche Strategie Trump verfolge: Sollten sich die USA aus dem Abkommen zurückziehen, aber den Europäern Handlungsspielraum lassen, „dann haben wir gute Chancen, es zu retten.“ Wenn allerdings die USA das Abkommen tatsächlich „zerstören wollen, wird es sehr, sehr schwer, aber auch dann darf man nichts unversucht lassen“, so Nouripour.

FDP-Politiker warnt vor Auseinanderdriften

Auch Alexander Graf Lambsdorff, Vizefraktionschef im Bundestag und ehemals Vizepräsident des Europäischen Parlaments, fand gegenüber unserer Zeitung anerkennende Worte: „Großbritannien, Frankreich, Deutschland und die EU protestieren zu Recht gegen die drohenden Sanktionen gegen europäische Unternehmen im Iran, denn die USA sind aus einem gültigen völkerrechtlichen Abkommen ausgetreten, das Europa weiterhin unterstützt.“ Allerdings müsse man zugleich alles zu tun, „um ein Auseinanderdriften des transatlantischen Bündnisses zu verhindern.“ Denn dies würde seiner Ansicht nach „nicht nur Europa“, sondern „den Westen insgesamt schwächen.“