Wickelt die Außenpolitik seines Vorgängers im Amt ab: US-Präsident Trump Foto: AP

Trump schürt den Konflikt zwischen Katar und seinen Nachbarn. Die Freude darüber dürfte dem US-Präsidenten bald im Halse stecken bleiben, kommentiert StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart - Das ist eine der großen Politpossen dieses Jahres: Ausgerechnet Saudi-Arabien bedrängt im Bunde mit anderen Golf-Monarchien und mit der ägyptischen Militärdiktatur den Nachbarn Katar durch Ächtung und Boykott. Angeblich aus dem Grund, dass Katar Terroristen unterstütze. Ausgerechnet Saudi-Arabien, das als Welt-Hauptexporteur von Terroristen auffällt und von jener wahhabitischen Ideologie, auf die sich militante Salafisten in Baden-Württemberg ebenso berufen wie islamistische Freischärler in Tschetschenien oder die Terroristenbande Islamischer Staat im Irak.

Nun ist Katar in Sachen Terroristen-Hätscheln beileibe nicht über alle Zweifel erhaben. Aber die wahren Gründe für die offene Feindseligkeit seiner Nachbarn sind ganz offensichtlich andere.

Dem erzkonservativen Regime in Saudi-Arabien ist die eigenständige Rolle des vergleichsweise liberal regierten Emirats seit Langem ein Dorn im Auge. Ob es um Alkoholverkauf an Saudis in den Kneipen gleich hinter der Grenze geht oder um Katars Bemühen, sich auf internationalem Parkett als Mittler in den nah- und mittelöstlichen Konflikten unentbehrlich zu machen, stets zeigt sich die stärkste Macht der Region provoziert. Darüber helfen selbst gemeinsame militärische Anstrengungen zur Unterstützung der Regierung im Jemen nicht hinweg – und auch nicht die Allianz beider Staaten zu den USA.

Brandbeschleuniger am Persischen Golf

Ausgerechnet sie ist nun zum Brandbeschleuniger am Persischen Golf geworden. Seit Präsident Donald Trump vor gut zwei Wochen auf seiner Reise in die Region Saudi-Arabien zur Heimat der nach seiner Lesart wenigen guten Muslime erklärt und dafür Rüstungsaufträge in schwindelerregendem Umfang für US-Lieferanten mit nach Hause genommen hat, fühlt sich Saudi-Arabien ermutigt, in der Region auf dicke Hose zu machen.

Speziell dazu ermutigt, Katar zu prügeln, wo der regionale Erzrivale Iran gemeint ist, denn das kleine Emirat beutet mit genau diesem anderen großen Nachbarn Iran das weltweit größte Erdgasfeld aus. Es unterhält beste Beziehungen zur Hisbollah-Bewegung im Libanon, die in Syrien zündelt und in der arabischen Welt Irans engster und schlagkräftigster Verbündeter ist. Außerdem hat das Königshaus Saud offenbar die schallende Ohrfeige nicht verziehen, die ihnen die Iraner Anfang vergangenen Jahres mit katarischer Hilfe verpassen konnten: Damals ließen sie Knall auf Fall eine Erdölproduzenten-Konferenz platzen, zu der Saudi-Arabien ins katarische Doha eingeladen hatte, um per Absprache gegen den Verfall des Ölpreises anzugehen – letztlich vergeblich.

Trumps Triumphgeheul über den Zwist unter zwei wichtigen Verbündeten seines Landes erklärt sich so: Für ihn ist das Auftrumpfen der Hardliner in Saudi-Arabien und das Zurechtstutzen der katarischen Kompromissler der nächste Schritt, die Entspannungspolitik seines Vorgängers Barack Obama mit dem Iran abzuwickeln. Nur, die Freude dürfte Trump bald im Halse stecken bleiben.

Es geht auch um Europas Sicherheit

Denn in der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus bleiben die USA wie auch Deutschland und andere europäische Verbündete auf Saudi-Arabien und auf Katar angewiesen. Und wem noch unklar sein sollte, was die Konflikte in dieser Region mit Europas Sicherheit zu tun haben, der sei an die katastrophalen Folgen des Syrien-Krieges erinnert. Sie reichen weit in die Türkei, nach Jordanien – und nicht zuletzt in deutsche Flüchtlingsunterkünfte.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de