Trudel Wulle und Walter Schultheiß in einer Drehpause. Foto: SWR/Schwabenlandfilm GmbH /Daniel Schneider.

Sie ist 91, er 93 Jahre alt – zusammen sind sie das wohl älteste noch aktive Schauspielerpaar der Welt. Trudel Wulle und Walter Schultheiß drehen gerade für die schwäbische Kinokomödie „Laible und Frisch“.

Stuttgart - Produzenten und Sendern ist er nie hinterhergerannt. PR in eigener Sache liegt ihm nicht. Lieber zerbeißt sich der großeWalter Schultheiß die Zunge, als dass er seine Stärken auch nur in einem Halbsatz erwähnt.

Eine derartige Bescheidenheit ist in der Branche der Schauspieler rar geworden. Die sozialen Netzwerke und das Internet haben das Klappern, das ebenso zum Handwerk der laufenden Bilder gehört, weiter verstärkt. Der schwäbische Produzent Frieder Scheiffele führt vor, wie man damit ans Ziel seiner Träume kommt. Als seinem Kinofilm „Laible und Frisch – Do goht dr Doig“ die Förderungsgelder ausgingen und es schien, als sei der 1,4-Millionen-Euro-Etat nicht mehr zu stemmen, hat er mit einem Rauschen im Netz via Crowdfunding, via Schwarmfinanzierung also, die pekuniären Lücken geschlossen – die Fans zahlen mit!

Die Jungen wollten mit den Stars ihrer Kindheit drehen

So etwas gab’s zu den Zeiten von Walter Schultheiß und seiner Frau Trudel Wulle nicht. Doch wie man mit Geld umgeht, ist Schwaben seit jeher vertraut. Stolz können die beiden Alten sein, wie die Jungen schwäbische Tugenden fortentwickeln. Wenn du was wirklich willst, dann zieh’ es durch! Scheiffele und sein Team haben es getan. Sie treten in die Tradition der schwäbischen Komödie, an der das Schauspielerpaar maßgeblich beteiligt war – und die jungen Filmemacher sind so dankbar für die Wurzeln, dass sie unbedingt mit der 91-Jährigen und dem 93-Jährigen drehen wollten, mit den Stars ihrer Kindheit.

Sonst halten sich Filmproduzenten bei Schauspielern in diesem hohen Alter meist eher zurück. Die Sorge ist groß, dass Gesundheitsprobleme der betagten Akteure die Drehpläne gefährden. Lieber lässt man jüngere Schauspieler auf alt schminken.

Bei Trudel Wulle und Walter Schultheiß geht das nicht. Die beiden sind Charakterköpfe und Urgesteine, die sich nicht kopieren lassen. Diese Originale erfreuen noch immer das Schwabenvolk.Und die beiden Standfesten der Ü 90-Generation werden mit ein Grund sein, warum viele Schwaben ins Kino rennen, wenn die im Jahr 2009 gestartete Bäckergeschichte nach TV-Serie, Theaterstück und Hörspiel in der SWR-Co-Produktion im November den Sprung auf die große Leinwand schafft.

Schultheiß spielt einen scharfzüngigen Stammtischphilosophen

Am Set sind Ehrfurcht und Hochachtung zu spüren, wenn die „Trudel“ und der „Walter“, wie alle sie nur beim Vornamen nennen, dabei sind, etwa in Bad Urach und in Dettingen/Erms. Die 91-Jährige hat als resolute „Frau Schätzle“, als einstige Sekretärin des Bürgermeisters, fünf Drehtage – zwei mehr als ihr Mann, der erneut als Bäcker-Opa vor der Kamera steht. Schultheiß spielt einen scharfzüngigen, pointensicheren Stammtischphilosophen, der gern den Familienschnaps vom Pfarrer Theo trinkt.

Produzent Scheiffele hat mit beiden vereinbart, „dass gesundheitliche Aspekte wichtiger sind als die Teilnahme an den Dreharbeiten“. Einen Plan B gab es für den Fall, dass sie ausfallen. Doch nun kann der Filmemacher der großen Fangemeinde über unsere Zeitung erfreut mitteilen: „Trudel und Walter spielen mit Elan und Witz, dass es eine große Freude ist!“

TV-Star Simon Licht – erneut in der Rolle des fiesen Großbäckers Frisch zu sehen, der im Kino tief abstürzen wird – überlässt sein privates Wohnmobil den Altstars, damit sie sich in Drehpausen ausruhen können.

Ohne Gage ist heute nicht mehr erlaubt

Als „Laible und Frisch“ vor fast zehn Jahren eine Studienarbeit der Filmakademie war, haben Schultheiß und Wulle ohne Gage mitgespielt. „Ihre Namen waren ein Vertrauensvorschuss und ein Qualitätsversprechen an die Zuschauer“, lobt Scheiffele.

„Mir nemmet nix!“ Diesmal ist dieser Satz allerdings verboten. „Umsonst dürfen wir Schauspieler wegen des Mindestlohngesetzes nicht mehr beschäftigen“, sagt der Produzent. Wie alle Schauspieler und Teammitglieder machen sie zu einer reduzierten Gage mit, damit sich das Projekt finanzieren lässt. Wenn die Kamera läuft, sind alle Wehwehchen vergessen.

Darauf ein Schnäpsle auf die Schätzle!