Der Bau der Klärschlammverbrennungsanlage in Walheim ist jetzt genehmigt. Foto: Werner Kuhnle

Das Regierungspräsidium hat den Bau der umstrittenen Anlage beim EnBW-Kraftwerk in Walheim (Kreis Ludwigsburg) genehmigt. In der Theorie fehlt nur noch für den Betrieb das „Go“.

Beim Streit um den Bau einer Klärschlammverbrennungsanlage auf dem EnBW-Kraftwerksareal am Neckar bei Walheim ist eine Entscheidung gefallen. Das Regierungspräsidium Stuttgart teilte am Mittwoch mit, eine erste Teilgenehmigung ausgesprochen zu haben. Was nach einem Teilschritt klingt, dürfte einem generellen grünen Licht für die umstrittene Klärschlammverbrennungsanlage gleichkommen.

 

Denn: Die Teilgenehmigung beinhaltet sowohl den Bau als auch die Installation der Anlage. Nur die Genehmigung für den Betrieb steht mit einer zweiten Teilgenehmigung noch aus.

Erlaubnis trotz 731 Einwänden

Die Entscheidung fiel laut RP-Mitteilung nach „umfassender Prüfung“. Beim RP waren bis Frühjahr 2024 fristgerecht 731 Einwendungsschreiben gegen das Vorhaben eingegangen. „Die Genehmigungsvoraussetzungen wurden unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen intensiv geprüft.“

Das RP sei zum Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der ersten Teilgenehmigung vorliegen, teilt es mit. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei eine gebundene Entscheidung. Das bedeutet, dass die Genehmigungsbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen die Genehmigung erteilen muss. „Ein Ermessensspielraum kommt ihr nicht zu.“

Genehmigt wurde auch ein Vorbescheid, bei dem es um die Einhaltung der Betreiberpflichten sowie die Einhaltung der Maßgaben der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen geht. Zur Aufnahme des Betriebs der Anlage sei noch eine zweite Teilgenehmigung erforderlich. Zudem braucht es ein gesondertes wasserrechtliches Verfahrens für die geplante Grundwasserentnahme.

Bürgerinitiative ist nicht überrascht

Für die Bürgerinitiative Bürger im Neckartal ist die Teilgenehmigung der „vorläufige Endpunkt der wiederholten Missachtung der Einwände der betroffenen Kommunen“. Die BI sieht sich in ihrem Reaktionsschreiben in ihrer Einschätzung EnBW-naher Entscheidungen im Genehmigungsverfahren bestätigt. „Für die grün-schwarze Landesregierung ist die Klärschlammverbrennungsanlage in Walheim von Anfang an politisch gewollt.“

Und das obwohl deren klimapolitische Ziele auf der Strecke bleiben würden. Das betreffe insbesondere die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, den Schadstoffausstoß, die ungenutzte Abgabe der Restwärme an die Umgebungsluft und die noch stärkere Zunahme des Lkw-Verkehrs, betonen die BI-Sprecher Matthias Appelt und Rudi Ringwald. Das „kompromisslose Verhalten“ der EnBW in der Planungs- und Genehmigungsphase deutet die BI derweil „als Akt feindlicher Übernahme statt nachbarschaftlichem Umgang“.

Der nächste Schritt der BI wird laut Mitteilung die Unterstützung der Gemeinde Walheim sein, im Schulterschluss mit den Nachbargemeinden ihre Klageaussichten beim VGH zur Einstufung des Betriebsgeländes zu überprüfen. Denn bisher galt das Gewerbegebiet als Außenbereich , das RP hält hingegen an seiner Ausweisung als Innenbereich fest. Wodurch der Gemeinde Walheim die Planungshoheit und Mitbestimmung beim Bauvorhaben entzogen werde, so die BI. Ihre Sprecher verdeutlichen: „Wir werden bis zuletzt alles versuchen, den Bau zu verhindern.“

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.klaerschlamm-verbrennung-der-enbw-das-vertrauen-ist-weg-walheimer-sehen-sich-im-stich-gelassen.d7bb97ce-9c75-476b-a5a6-678175bd768b.html

Auch Walheims Bürgermeister Christoph Herre macht deutlich: „Die Gemeinde Walheim lehnt den Bau der Klärschlammverbrennungsanlage in der geplanten Form weiterhin entschieden ab. Das Vorhaben wird die Lebensqualität im Neckartal erheblich beeinträchtigen – ohne dass ein ausreichender Ausgleich oder innovative Lösungsansätze erkennbar sind.“ Auch wenn man das Bauvorhaben in der geplanten Form ablehne, gebe es nun zumindest vorerst rechtliche Sicherheit über die laufenden und darauf aufbauenden Maßnahmen.

Anlieger-Kommunen hoffen auf Emissions- und Lärmschutz

Die Gemeinden Walheim, Kirchheim, Gemmrigheim und die Stadt Besigheim, die gemeinsam gegen den vorzeitigen Baubeginn geklagt hatten, blicken nun laut Mitteilung Herres mit Spannung auf die 500 Seiten umfassende Baugenehmigung.

„Dabei wird insbesondere darauf geachtet, in welchen Bereichen die Genehmigungsbehörde ihr Ermessen genutzt hat, um die Belange der Raumschaft zu berücksichtigen. Neben den Auswirkungen auf die Lebensqualität und das Orts- und Landschaftsbild steht dabei auch die Verkehrsbelastung im Fokus“, so Herre.

Zudem werde darauf geschaut, welche Auflagen im Bereich Emissionsschutz, Lärmschutz sowie in Bezug auf die tatsächliche technische Ausgestaltung der Anlage in der Baugenehmigung enthalten sind. „Die Bürgermeister der Raumschaft legen hierbei besonderen Wert auf strenge Vorgaben zur Minimierung von Emissionen, zur Luftreinhaltung und zum Schutz der Bevölkerung im gesamten Neckartal.“

Bei der EnBW ist man über die Genehmigung freilich erfreut. „Dies ermöglicht eine nachhaltige und regionale Verwertung von kommunalem Klärschlamm“, teilt das Unternehmen mit. Man werde die weiteren Bauarbeiten mit der gebotenen Sorgfalt und Transparenz durchführen, sagt Nils Beeckmann, Leiter Neubauprojekte bei der EnBW. Über die „aktive Diskussion um das Projekt“ sei man sich bewusst. Sofern von der Gemeinde gewünscht, sei die EnBW bereit, eine Bürgerinformationsveranstaltung durchzuführen.