Die alte Wache ist Geschichte. Foto: Uli Nagel

Das Deutsche Rote Kreuz hat das Land verklagt, weil es aus Sicht der Retter zu wenig für den Bau neuer Rettungswachen bezahlt – unter anderem für die geplante in Bad Cannstatt. Der Streit scheint beigelegt – doch Probleme bleiben.

Bad Cannstatt ist der größte Stadtbezirk der Landeshauptstadt. Was die Versorgung mit Rettungswagen betrifft, spiegelt sich das allerdings nicht wider. Seit drei Jahren steht man ohne eigene Rettungswache da. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) musste bereits 2019 seine bisherigen Räume am Bellingweg verlassen. Bereits zuvor hätte Baubeginn für das Nachfolger-Gebäude sein sollen, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. Doch das vorgesehene Gelände an der Martha-Schmidtmann-Straße dient nach wie vor als Parkplatz des benachbarten Krankenhauses.

 

Grund dafür ist ein Streit über die Finanzierung. Der Funktionsbau mit einer Nutzfläche von 530 Quadratmetern und Platz für drei Rettungsfahrzeuge, Werkstatt, Waschanlage und Ausbildungsräume sollte 2,1 Millionen Euro kosten. Das DRK hat beim Land eine Fördersumme in Höhe von 1,89 Millionen Euro beantragt – gemäß den gültigen Richtlinien, die eine Beteiligung von 90 Prozent vorsehen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn die Meinungen darüber, was gefördert wird, in welcher Größe und für welchen Zweck, gehen weit auseinander. Das Land bewilligte schließlich nur 470 000 Euro – für das DRK entschieden zu wenig. Dort beklagt man, dass man große Teile der Rettungsinfrastruktur aus Spendenmitteln finanzieren müsse.

Weil das in ganz Baden-Württemberg so ist, kam es zu zahlreichen Klagen gegen das Land. Auch wegen der Cannstatter Wache am Verwaltungsgericht Stuttgart. Doch jetzt scheint der Streit gelöst. „Das Stuttgarter Klageverfahren ist auf Initiative des Klägers ruhend gestellt“, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums. Die Parteien hätten über die dem Streit zugrunde liegenden Sachfragen „mittlerweile eine Einigung erzielen“ können. Das gelte nicht nur für Stuttgart. „Insgesamt waren 16 Vorhaben beklagt. Davon wurden zuletzt noch zwei Verfahren aktiv betrieben, nämlich bezüglich der Rettungswache in Bad Cannstatt und der Rettungswache in Singen am Verwaltungsgericht Freiburg“, so die Sprecherin.

Im Ministerium geht man davon aus, dass die gerichtlichen Verfahren durch die Rettungsorganisationen nicht weiterverfolgt werden. „Ein Entwurf der Verwaltungsvorschrift Förderrichtlinien Rettungsdienst befindet sich aktuell im Anhörungsverfahren“, so die Sprecherin. In Anerkennung der gestiegenen Baukosten habe man bereits 2020 die Kostenwerte und in der Folge die Fördersätze deutlich erhöht. „Inzwischen wurden gemeinsam mit allen Leistungsträgern die Planungsgrundlagen für bauliche Maßnahmen des Rettungsdienstes überarbeitet. So soll den Kostensteigerungen und Änderungen hinsichtlich der technischen Anforderungen Rechnung getragen werden“, heißt es im Ministerium. „Die Gespräche waren gut“, heißt es beim DRK-Landesverband Baden-Württemberg.

Nach fünf Jahren passt die Planung nicht mehr

Grünes Licht also für einen baldigen Baustart der dringend benötigten Wache in Bad Cannstatt? Mitnichten. Zwar scheint die grundsätzliche Finanzierung künftig geklärt, doch die lange Wartezeit hinterlässt ihre Spuren. „Wir gehen für die Rettungswache 3 davon aus, dass wir eine komplette Neuplanung vornehmen müssen. Auch von einer deutlichen Baukostensteigerung gegenüber 2017 müssen wir ausgehen“, sagt Mira Hawlik, Sprecherin des DRK-Kreisverbandes Stuttgart. Von den bisher vorgesehenen 2,1 Millionen Euro muss man sich nicht zuletzt angesichts der Weltlage mit Sicherheit verabschieden. Wann es losgeht, kann derzeit niemand seriös sagen.

Also wird Stuttgarts größter Stadtbezirk auch die nächsten Jahre keine eigene Rettungswache mehr besitzen. Und stattdessen von außen versorgt. „Die an der Rettungswache 3 vorgesehene Rettungsmittelvorhaltung wird seit deren Wegfall von der Wache Neckarstraße mit erfüllt“, sagt Mira Hawlik.