Darf in der AfD bleiben: Wolfgang Gedeon. Foto: dpa

Der umstrittene AfD-Politiker Wolfgang Gedeon darf sein Parteibuch behalten. Das hat das Landesschiedsgericht der AfD-Baden-Württemberg entschieden.

Stuttgart - Obwohl er in seinen Büchern teilweise antisemitische Positionen vertritt, wird der umstrittene baden-württembergische AfD-Politiker Wolfgang Gedeon (70) nicht aus der Partei ausgeschlossen. Wie AfD-Landessprecher Ralf Özkara am Mittwoch gegenüber unserer Zeitung bestätigte, erging bereits kurz vor Weihnachten ein entsprechendes Urteil des Landesschiedsgerichts der AfD. Darin wurde der im Sommer 2016 vom damaligen AfD-Landesvorstand gestellte Antrag auf einen Parteiausschluss Gedeons zurückgewiesen.

Das Parteigericht habe seine Entscheidung aus rein formalen Gründen gefällt, betonte Özkara. Der Grund: Ausführliche Beweismittel zum beantragten Ausschluss gegen Gedeon seien nicht rechtzeitig genug vorgelegt worden. Die Fristen dafür seien am 28. Februar 2017 verstrichen. Eine inhaltliche Bewertung der Aussagen des Mediziners dahingehend, ob sie antisemitisch sind oder nicht, habe das Gericht dagegen nicht vorgenommen, so der AfD-Landessprecher.

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Verfahren soll nicht neu aufgerollt werden

Özkara sprach sich dagegen aus, das Ausschlussverfahren vor das Bundesschiedsgericht zu tragen mit dem Ziel, die Entscheidung der Landesinstanz überprüfen zu lassen. Der AfD-Landesvorstand hätte diese Möglichkeit, verwarf sie jedoch bei einer Sitzung am Montagabend, wie Özkara bestätigte. Da es zwischenzeitlich keine neuen Erkenntnisse und Beweismittel gegen Gedeon gebe, wäre eine Revision chancenlos, sagte der AfD-Landessprecher. Aus demselben Grund hätte auch ein ganz neues Ausschlussverfahren gegen den 70-Jährigen keinerlei Erfolgsaussichten. „Ich bin da ganz pragmatisch“, sagte Özkara.

Das Schiedsgericht hat offenbar früh bemängelt, dass der Antrag auf Gedeons Ausschluss mit Zeitungsausschnitten und einzelnen Zitaten aus Gedeons Schriften nicht ausreichend genug begründet worden sei. Aufforderungen an die Antragsteller, nachzubessern und weitere Beweise vorzulegen, liefen demnach ins Leere.

Özkara verwies auf die hohen Hürden, die einem Parteiausschluss in Deutschland grundsätzlich entgegenstünden. Die SPD habe diese Erfahrung zuletzt mit ihren in Ungnade gefallenen Mitgliedern Thilo Sarrazin und Sebastian Edathy gemacht. Er selbst habe die Schriften Gedeons nicht gelesen und könne diese deshalb auch nicht bewerten, so Özkara. Zugleich betonte er, dass die AfD sich „ganz klar“ vom Antisemitismus distanziere.

Gedeon ist fraktionslos

Der Fall Gedeon hatte im Sommer 2016 zur Spaltung der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag geführt. Der damalige Fraktionschef Jörg Meuthen gründete eine zweite AfD-Fraktion, nachdem es ihm mehrfach nicht gelungen war, die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der ursprünglich 23 Abgeordneten für einen Ausschluss Gedeons zu organisieren. Gedeon verließ kurz darauf die AfD-Fraktion freiwillig und gehört seitdem dem Landtag als fraktionsloser Abgeordneter an. In den vergangenen Monaten gab es Spekulationen, dass die inzwischen wieder vereinigte AfD-Fraktion den Mediziner vom Bodensee wieder aufnehmen könnte.

Die AfD-Fraktion hatte seinerzeit drei Gutachter beauftragt, Gedeons Bücher auf antisemitische Positionen hin zu überprüfen. Darunter war auch der renommierte Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt. Er sagte unserer Zeitung: „Ganz gleich, ob Herr Gedeon sich als Antisemit versteht oder nicht: Seine Aussagen fallen unter den Begriff des Antisemitismus.“

Klage gegen den Präsidenten des Zentralrats der Juden

Unterdessen wurde bekannt, dass Gedeon sich vor Gericht in einem Zivilverfahren gegen den Präsidenten des Zentralrats der Juden gegen den Vorwurf der „Holocaust-Leugnung“ wehrt. Er will damit erreichen, dass der Präsident, Josef Schuster, eine entsprechende Unterlassungserklärung unterzeichnet. Eine Sprecherin des Landgerichts Berlin bestätigte am Mittwoch, dass das Verfahren für den 16. Januar angesetzt sei.

Gedeon sprach auf seiner Internetseite von einer „Hetz-Kampagne gegen mich“ in Politik und Medien sowie von Falschdarstellungen. Er habe zu keinem Zeitpunkt den Völkermord der Nazis an den Juden geleugnet, sondern den Holocaust als „schweres Verbrechen“ verurteilt.