Leere Strandliegen finden sich in diesem Sommer in der Türkei kaum noch. Foto: dpa

Das Mittelmeerland lockt mit niedrigeren Preisen als in Spanien oder Griechenland. Vor allem Paare und Familien zieht es dorthin. An der Sicherheitslage und den politischen Spannungen hat sich aber nichts geändert.

Berlin - Die Türkei gehört in diesem Sommer wieder zu den beliebtesten Reiseländer der Deutschen. Bei den Baden-Württemberger liegt es nach Spanien und Griechenland auf Platz 3 der gefragtesten Sommerziele, das ergab eine Analyse des Reiskonzerns TUI. Nach der schwersten touristischen Krise vor drei Jahren, als die Gästezahlen um 30 Prozent eingebrochen waren, freut sich die Reisebranche über das Comeback der Türkei. „Das Land ist auf dem besten Weg zur alten Rekorden und verzeichnet hohe zweistellige Zuwachsraten“, heißt es bei TUI in Hannover. Auch Öger Tours in Hamburg zeigt sich sehr zufrieden, „über 75 Prozent des Türkei-Angebots sind verkauft“, berichtet Geschäftsführerin Songül Göktas-Rosati. Der Veranstalter FTI in München verzeichnet in allen Zielgruppen ein hohes Plus, im Vergleich zum Vorjahr seien die Gästezahlen zweistellig gewachsen. Vor allem bei Paaren und Familien ist die Türkei gefragt. Im Rekordsommer 2015 reisten etwa fünf Millionen Deutsche zu den Osmanen, auf dem Tiefpunkt 2017 waren es dann nur noch 3,5 Millionen. Bereits 2018 waren die Zahlen wieder auf 4,5 Millionen Gäste angestiegen.

Gutes Preis-Leistungsverhältnis

Dass es die Urlauber wieder so stark an türkische Gefilde zieht, überrascht ein wenig, denn an der politischen Lage hat sich nichts geändert. Viele Deutsche hatten aus Protest gegen die rigide Politik von Präsident Recep Erdogan auf eine Reise in die Türkei verzichtet. Die Türkei sei nicht mehr so im Fokus der Medien, erklärt sich Göktas-Rosati den touristischen Aufschwung. Dazu kommt das gute Preis-Leistungsverhältnis im Vergleich zu anderen Mittelmeerländern. „Weil viele Urlauber in den vergangenen Jahren lieber Spanien und Griechenland buchten, sind die Preise dort gestiegen während sie in der Türkei sanken“, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV) in Berlin. Eine Woche All inclusive an der türkischen Küste ist zurzeit für Kurzentschlossene für unter 400 Euro buchbar, an der Costa Brava muss man dagegen mit Preisen ab 700 Euro rechnen. Die türkischen Hoteliers haben die Preise zwar auch schon leicht angezogen, sie sind aber noch nicht auf dem Level von 2015.

Politische Versammlungen weiterhin meiden

Was die Sicherheit angeht, „gibt es keine neue Lageeinschätzung. In den touristischen Zentrum herrscht keine Bedrohungslage“, so DRV-Sprecher Schäfer. Das Auswärtige Amt hatte zuletzt im Juni mit Blick auf die Wiederholung der Oberburgermeisterwahl in Istanbul seine Hinweise aktualisiert. Die Behörde rät Reisenden weiterhin, „sich von politischen Veranstaltungen, Kundgebungen und grundsätzlich von größeren Menschenansammlungen fernzuhalten und Anweisungen von Sicherheitskräften Folge zu leisten“. Auch bei kritischen Kommentaren in sozialen Medien ist unverändert Zurückhaltung geboten, denn sie könnten in der Türkei zu einer Festnahme oder einer Strafverfolgung führen.

Neben der Türkei sind in diesem Sommer auch die nordafrikanischen Urlaubsländer Ägypten und Tunesien gut gefragt. Auf diese Ziele im östlichen Mittelmeerraum, zu denen auch Bulgarien, Kroatien und Griechenland gehören, entfallen insgesamt gut ein Drittel aller Urlaubsausgaben für Pauschalreisen. In puncto Reisedauer schneidet laut Tui Ägypten bei den Baden-Württemberger am besten ab: rund 12 Tage gönnt man sich im Land der Pyramiden, am liebsten für den Bade- oder Tauchurlaub am Roten Meer. Bei den Sommer-Fernreisezielen liegt bei den Schwaben und Badener die USA auf Platz 1.

Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands bleibt auch Afrika beliebt. Wachstumsmotor sei Kenia mit einem zweistelligem Umsatzplus. In der Karibik gehört Kuba zu den Gewinnern der laufenden Saison. In Mittel- und Südamerika legt Mexiko als meistbesuchtes Land der Region bei den Veranstalterreisen zu.

Es wird soviel gereist wie nie

Die aktuelle Diskussion um den Klimawandel zeigt dagegen kaum Auswirkungen. Es wird soviel verreist wie nie, so das Ergebnis einer aktuellen Tourismusanalyse der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen. Fast zwei Drittel der Bevölkerung haben 2018 ihre Koffer gepackt und sind verreist. Ein Ende der Reiselust ist dabei nicht in Sicht. Insgesamt steigerte sich der Anteil der Bundesbürger, die im vergangenen Jahr verreist sind, um vier Prozent – der höchste gemessene Anstieg – auf aktuell 62 Prozent. Am reisefreudigsten sind die Senioren, genau die Gruppe der 65- bis 74-Jährigen. Verreiste 2017 nur jeder Zweite von ihnen, waren es 2018 bereits fast zwei von drei.

„Es wird nicht weniger gereist, aber bewusster“, bestätigt auch Tui-Sprecherin Susanne Stünckel. Beim größten Reiseveranstalter Deutschlands liegt das Sommergeschäft auf dem Rekordniveau des Vorjahres. Allerdings scheinen sich die Urlauber mehr Gedanken über die Art und Weise, wie sie arbeitsfreien Wochen verbringen wollen, zu machen. Die Reiseveranstalter registrieren ein wachsendes Interesse an nachhaltigen Urlaubsangeboten, vor allem Hotels mit einem Nachhaltigkeitszertifikat seien stärker gefragt. Die Anbieter haben entsprechende Herbergen in ihren Katalogen und kennzeichnen diese mit eigenen Logos. Die Kriterien für die Gütesiegel sind unterschiedlich, die Vermeidung von Plastikflaschen kann beispielsweise dazugehören oder der Einsatz von Solaranlagen auf dem Hoteldach. Auch Ausflüge, die die Umwelt schonen oder der lokalen Bevölkerung zugutekommen, sind bei den Gästen beliebt.