Eine gute Gitarre ist oft aus dem Tropenholz Palisander gemacht. Das ist seit Jahresbeginn noch strenger geschützt. Foto: dpa

Die Musikbranche leidet unter neuen Beschränkungen für den Handel mit Tropenhölzern. Auch Privatverkäufe von Instrumenten unterliegen der Nachweispflicht. Hersteller und Orchester müssen sich mit viel Bürokratie herumschlagen.

München - Gute Gitarren sind aus Palisanderholz; Flöten, Klarinetten, Oboen bestehen aus Grenadill, Geigen tragen Griffbretter aus Ebenholz; Bögen baut man aus Pernambouc. Klingt gut, hält gut, sieht gut aus – hat nur einen Nachteil: all das ist Tropenholz und seit Beginn dieses Jahres mit strengsten Einfuhr- und Handelsbeschränkungen geschützt wie nie. Wer immer solche Instrumente baut oder verkauft, ob Musikhaus oder Privatmann, muss einiges an Papier beilegen: Es muss entweder nachweisen, dass das gute Stück schon vor dem Stichtag 2. Januar 2017 in seinem Besitz war oder dass das Bauholz aus legalen Quellen kommt. Alles andere gilt laut Fachleuten wie ein Autoverkauf ohne KfZ-Brief.

Klassische Orchester und zünftige Blaskapellen holen unterdessen die Waage raus: Wenn sie in ein Nicht-EU-Land reisen wollen – in die Schweiz reicht da schon – müssen sie vorab bei ihrer Naturschutzbehörde die entsprechenden Unbedenklichkeitsbescheinigungen einholen (das kostet), es sei denn, die Gesamtmasse der „verdächtigen“ Instrumente bliebe unter zehn Kilogramm. Andernfalls kann der Zoll die „illegal ausgeführte“ Ware beschlagnahmen. Dann ist’s aus mit der Tournee.

Bei Razzien in Spanien und den USA wurden Instrumente beschlagnahmt

Der Münchner Gitarrenbauer Gert Esmyol sagt, die Musikszene sei in Bewegung geraten. Die erste Radikal-Beschränkung dieser Art aus dem Jahr 1992 – für brasilianisches Rio-Palisander – sei bei den Herstellern gar nicht richtig bekannt gewesen; viele hätten das sogenannte Rosenholz noch jahrelang verbaut. Dann aber seien bei Razzien in den USA und in Spanien viele Instrumente beschlagnahmt worden, und das Klima habe sich gewandelt.

Gerade die Spezialart Rio-Palisander, schwärmt Esmyol, sei das „Nonplusultra des Gitarrenbaus“ gewesen. Zumindest seit Erfindung der modernen Konzertgitarre Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals habe gerade das Gitarren-Mutterland Spanien aus seinen Kolonien exotische Hölzer in Massen importiert – und mit ihnen sowohl die optischen als auch die klanglichen Maßstäbe gesetzt bis heute.

Natürlich, sagt Esmyol, sei beim Hör-Empfinden „viel Gewohnheit, Meinung, Gefühl und Esoterik“ im Spiel: „Und die heute so aufgeregten Diskussionen im Internet, warum ausgerechnet eine E-Gitarre unbedingt ein Griffbrett aus Palisander haben muss, damit sie klingt, die verstehe ich gleich gar nicht.“ Aber Esmyol sagt auch: „Für hochwertige Instrumente gibt es nur einen Markt, wenn sie aus edlen Hölzern sind.“

Tropenhölzer eigneten sich am besten, sagen Experten

Hochwertig ist das Zauberwort – und hochpreisig: Allein das Rohmaterial für eine Gitarre aus Rio-Palisander „mit allen Cites-Bescheinigungen“ kostet 800 Euro. Andere Arten gibt’s billiger, so dass die neuen Schutzbestimmungen womöglich auch bei musikalischen Normalverbrauchern greifen, die eine Fernost-Gitarre zum Dumpingpreis erworben haben.

„Warum wir Tropenhölzer verwenden? Weil sie sich eignen“, heißt es bei Moeck in Celle, einem der großen deutschen Flötenbauer. Da ist vor allem Grenadill aus Tansania. Auch Klarinetten- und Oboenbauer schätzen es, weil es den Temperatur- und Feuchtigkeitszuständen in der Röhre am besten standhält. Grenadill ist bei Blasinstrumenten das, was Ebenholz bei Saiteninstrumenten ist: von hoher Dichte, stark belastbar, dauerhaft. Moeck sagt, man produziere weiter wie bisher, man habe alle Zertifikate, man habe verlässliche Lieferanten und sämtliche Bestände vor Jahresbeginn vorschriftsmäßig deklariert: „Außerdem gibt’s in unserer Branche keine Just-in-Time-Lieferung wie in der Autoindustrie. Das Holz für unsere Flöten von heute ist schon vor vielen Jahren geschlagen worden. Es muss ja ablagern.“

Erle kann angeblich Mahagoni beim Gitarrenhals nicht ersetzen

Gibt es Ersatz? Unter den kontrolliert angebauten, exotischen Plantagenhölzern offenbar nicht: Teak, Bambus, Eukalyptus zum Beispiel kämen nicht in Frage, hat ein Forschungsprojekt an der TU Dresden herausgefunden. Gert Esmyol meint, für einen Gitarrenkörper wären Apfel, Birne, Zwetschge verwendbar, und er experimentiert, ob er Ebenholz durch Leichthölzer ersetzen kann, die mit Kunstharz getränkt sind. Nur: der Hals einer Gitarre müsse einer starken Saitenspannung standhalten. Heimische Erle etwa könne das klassische, in der Natur kaum mehr nachwachsende Mahagoni da nicht ersetzen: „Das führt zu statischen Problemen.“

Immerhin: die Bläserfraktion ist schon weiter. Moeck und Mitbewerber bieten Flöten in Ahorn, Birne, Buchsbaum und Olivenholz genauso an wie in Grenadill und anderem Palisander.

Und Kunststoff? Schwieriges Thema. Ausschließen will ihn bei den Instrumentenbauern und bei den Musikern niemand, anfassen – über einzelne Bauteile hinaus – aber auch nicht. Jedenfalls nicht in den besseren Kreisen.

Das Reizwort heißt „Cites“

„Cites“ heißt das neue Reizwort in der Musikbranche. Was dahintersteckt, ist unter „Washingtoner Artenschutzabkommen“ besser bekannt. Diese weltweite Übereinkunft zum Erhalt von derzeit 35 000 Tier- und Pflanzenarten ist zu Jahresbeginn verschärft worden. Sie umfasst nun auch die mehr als 300 Unterarten von Palisander („Rosenholz“), dazu Bubinga, Kosso etc. – alles „Tonhölzer“, die bisher eine selbstverständliche, unentbehrliche Grundlage für den Bau von Musikinstrumenten darstellen.

Was die Verschärfung konkret bedeutet, vor allem aber wie penibel die Naturschutzbehörden in den Städten und Landkreisen sie anwenden – sie sind für die Handels- und Reisegenehmigungen zuständig –, ist derzeit vielfach noch unklar: Wie zum Beispiel werden die Privatverkäufe auf Ebay kontrolliert? Grundlegende Informationen, aber schlecht strukturiert, finden sich beim Bundesamt für Naturschutz: www.bfn.de/cites.