Die Dreisam war im heißen Sommer 2003 in manchen Abschnitten ausgetrocknet. Dies droht manchen Flüssen vielleicht auch 2017 wegen der niedrigen Grundwasserstände. Foto: AP

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit im Dezember und Januar könnten die Vorräte das ganze Jahr 2017 über auf kritischem Niveau bleiben. Flüsse könnten trocken fallen. Eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung besteht aber nicht.

Stuttgart - In den vergangenen 30 Jahren war die Situation in Baden-Württemberg noch nie so extrem wie in diesen Wochen: Die Stände des Grundwassers sind deutlich zurückgegangen, viele Quellen sind nur noch klägliche Rinnsale – dies hat Margareta Barth, die Präsidentin der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) in Karlsruhe mitgeteilt. „Die aktuelle Grundwassersituation ist außergewöhnlich und kritisch“, sagt sie. Michel Wingering beschäftigt sich seit 25 Jahren bei der LUBW mit diesem Thema. Er betont, dass eine Kombination eingetreten sei, die es seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1913 noch nie gegeben habe: Schon am Anfang des Jahres 2016 war der Wasserstand sehr niedrig, und jetzt fällt er weiter, statt wie üblich im Winter zu steigen.

Die Ursache für dieses weitere Sinken liegt in der großen Trockenheit der vergangenen Wochen – dabei ist die Zeit zwischen November und März eigentlich jene Phase, in der es viel regnet und in der sich die Wasserreservoirs in Boden und Fels aufladen. Aber der letzte Monat des Jahres 2016 ging laut dem Deutschen Wetterdienst als trockenster Dezember seit 1963 in die Wetterhistorie ein. Es fielen im Land lediglich acht Prozent der durchschnittlichen Regenmenge. Im Januar war es nur geringfügig besser – bisher kamen 39 Prozent des langjährigen Mittels zusammen. „Und vorerst ist kein Regen in Sicht“, sagt Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart.

Flüsse könnten im Sommer komplett austrocknen

Das Problem ist, dass Grundwasser „ein langes Gedächtnis“ hat, wie Margareta Barth es ausdrückt. Soll heißen: selbst bei künftig normalen Niederschlägen bliebe das niedrige Niveau über Monate oder gar Jahre erhalten. Wingering sieht deshalb die Gefahr, dass Flüsse im Sommer vollends austrocknen könnten, weil das Grundwasser nichts mehr an sie abgeben kann. Fische und sonstige Wassertiere könnten dadurch bedroht sein. „Im heißen Sommer 2003 war beispielsweise die Dreisam bei Freiburg auf manchen Abschnitten ausgetrocknet“, sagt der LUBW-Experte. „Und da begannen wir im Januar 2003 mit deutlich höheren Grundwasser-Ständen als heute.“ Auch die Schifffahrt wird durch niedrige Flussstände eingeschränkt.

Die Versorgung mit Trinkwasser dürfte dagegen nur in Einzelfällen in Gefahr sein, obwohl Baden-Württemberg das Trinkwasser zu 70 Prozent aus Grund- und Quellwasser bezieht. Gemeinden, die ihr Trinkwasser aus eigenen kleineren Quellen gewinnen, könnten aber im Sommer durchaus Schwierigkeiten bekommen. Dies war schon im Sommer 2015 so: Da waren Streusiedlungen und Einzelgehöfte im Hochschwarzwald, auf der Alb und im Kraichgau von Engpässen betroffen. Das Wasser für die Tränke der Kühe wurde beispielsweise in Lastwagen herbeigeschafft.

Unterm Strich sind die Wasserstände stabil

Die beiden großen Wasserversorger – die Bodensee- und die Landeswasserversorgung – rechnen dagegen nicht mit Problemen. „Die Stände sind nicht so niedrig, dass wir schon in großer Sorge wären“, sagt Bernhard Röhrle, der Sprecher der Landeswasserversorgung. Diese nutzt vor allem Quellen der Ostalb, des Donaurieds und die Donau selbst. Der Pegel des Grundwassers im Donauried liege derzeit einen Meter unter dem langjährigen Mittel, aber immer noch einen Meter über dem absoluten Minimalstand, sagt Röhrle. Dennoch leite der Verband schon jetzt mehr Donauwasser als üblich in die Leitungen, um das Grundwasser zu schonen. Röhrle ist aber zuversichtlich, dass sich die Bestände bis April erholten: „Die Neubildung des Grundwassers verschiebt sich schon seit Jahren immer stärker vom Winter ins Frühjahr hinein. Das könnte eine Folge des Klimawandels sein.“

Unterm Strich, heißt es im jüngsten Jahresgrundwasserbericht der LUBW, sei vorerst keine dauerhafte Verschlechterung der Lage zu befürchten: Der 20-jährige Trend sei an den meisten Messstellen stabil.