Bis vor Kurzem herrschte diese trostlose Situation: Die Trinkwasser-Brunnen spendeten keine Erfrischung. Foto: Haar

Der letzte von drei Trinkwasserbrunnen in der Innenstadt sprudelt erst seit Mittwoch. Das weckt den Unmut der Bürger. Sie warten seit dem Frühjahr auf die Inbetriebnahme.

Stuttgart - Es gibt Stuttgarter, für die sind die Trinkwasser-Brunnen in der Innenstadt mehr als nur Labsal an heißen Tagen. Vor allem am Pariser Platz füllen hin und wieder Bürger körbeweise Glasflaschen mit frischem Wasser ab. Menschen wie Helmut P. aus dem Norden der Stadt macht es in der Regel nicht, um Geld zu sparen. „Ich mache das, weil die Leitungen in unserem Haus sehr alt sind. Das Wasser für Tee und Kaffee schmeckt nicht“, erklärt der Rentner, der im Sommer in der Innenstadt Wasser holt und im Winter, wenn die Brunnen in der Stadt abgestellt sind, nach Bad Cannstatt fährt.

Der Brunnen am Alten Schloss sprudelt erst seit Mittwoch

Nur in diesem Jahr musste er bis Mitte Juli warten, ehe die Brunnen in der City wieder sprudelten. Sowohl am Pariser Platz als auch am Alten Schloss oder auf der oberen Königstraße waren die Quellen lange versiegt. Bürger, die das frische Wasser in der Stadt schätzen, befürchteten schon Schlimmes. „Ist das Wasser etwa verunreinigt?“, fragten sich angesichts der Sanierungen des verunreinigen Bodens am Rotebühlplatz manche. Aber nachdem seit Mittwoch wieder alle City-Brunnen in Betrieb sind, war klar: das Stuttgarter Wasser ist sauber und unbedenklich genießbar. Ein Grund, warum selbst im Mai (beginnend nach den Eisheiligen) keiner der Innenstadt-Brunnen lief, liegt offenbar auch an einer unscharfen Zuständigkeit. Ein Großteil der Brunnen (etwa 100) wird vom städtischen Tiefbauamt betrieben, ein kleinerer Teil (15) von der EnBW-Tochter Netze-BW. „Dass einige Brunnen auch der Netze BW zugerechnet werden, hat historische Gründe. Mit dem eigentlichen Betrieb des Wassernetzes – das ist die Aufgabe der Netze BW – haben sie nichts zu tun“, erklärt EnBW-Sprecher Jörg Groscurth. Wer will, darf daraus folgende Botschaft herauslesen: Die Brunnenbewirtschaftung ist zeit- und personalintensiv.

An den Betriebskosten liegt es wohl auch, dass viele Stuttgarter bis Mitte Juli in der Innenstadt kein Wasser schöpfen konnten. „Die Kosten für Betrieb, Kontrolle der Wasserqualität und das eigentliche Wasser belaufen sich für die 15 von der Netze BW betreuten Brunnen auf knapp 25 000 Euro im Jahr“, sagt Groscurth.

Stadt entschuldigt kurzfristige Störungen

In gewisser Weise ergibt sich so in der Causa Trinkbrunnen so etwas wie ein Schwarzes-Peter-Spiel. Der eine zeigt mit dem Finger auf den anderen. „Der Brunnen am Alten Schloss wird von der EnBW/Netze BW betrieben. Weshalb das Wasser dort abgestellt wurde, müssten Sie dort erfragen“, gibt eine Sprecherin der Stadt zu Protokoll, „der Brunnen auf der Königstraße ist städtisch.“ Nach Wartung und Reparatur sei er nun wieder in Betrieb, hieß es bereits in der vergangenen Woche. Ebenso wie der Brunnen im Europaviertel.

Die Stadt verfolge natürlich das Ziel, so die Sprecherin, dass alle Stuttgarter Trinkbrunnen ordnungsgemäß in Betrieb seien. Dazu gehörten auch regelmäßige Wartungen, Reinigungen und Reparaturen, die den Betrieb kurzfristig stören könnten. Weiter sagt sie: „Insgesamt gibt es über 100 Trinkbrunnen im Stadtgebiet. Es kann bei dieser Anzahl also durchaus vorkommen, dass der ein oder andere aufgrund von Wartungen, Reinigungen oder Reparaturen kurzfristig nicht in Betrieb ist.“

Der Rentner, der am Pariser Platz abfüllt, empfand die Zeit, in der er nach Bad Cannstatt zum Abfüllen fahren musste, eher als langfristig. Aber inzwischen scheint eine grundsätzliche Lösung in Sicht: Die Verantwortlichkeiten sollen bald klar geregelt sein. „Die Stadt ist aktuell in Gesprächen mit der EnBW über eine Übernahme der EnBW-Trinkbrunnen. Hier soll demnächst eine Entscheidung getroffen werden. Es handelt sich dabei um etwa ein Dutzend Brunnen im Stadtgebiet“, sagt die Stadtsprecherin. Dies kann Hans-Jörg Groscurth so nicht ganz bestätigen: „Aus unserer Sicht gibt es keinen neuen Stand in Sachen Zierbrunnen. Die Gespräche mit der Stadt laufen nach wie vor.“

Ein Mitarbeiter der Netze-BW will den wahren Hintergrund der späten Inbetriebnahme der Trinkwasserbrunnen kennen: „Hier geht es eigentlich um den Streit zwichen der Stadt und der EnBW um den Rückkauf des Wassernetzes.“ Dieser Darstellung widerspricht ein Sprecher der Stadt energisch: „Wichtig ist: Die Verhandlungen mit der EnBW über die Übernahme der Trinkbrunnen sind eigenständige Verhandlungen“, sagt er. „Sie haben nach Aussagen der Kämmerei nichts mit dem Rechtsstreit über die Übernahme des Wassernetzes zu tun. Dies ist auseinanderzuhalten.“