Anne Köhler liest aus ihrem Buch. Dazu gibt es passende Gerichte. Foto: Juliane Henrich

Anne Köhler liest und isst in der Vinothek der Alten Kelter im Beiprogramm zur 13. Triennale Kleinplastik, die noch bis zum 2. Oktober zu sehen ist.

Fellbach - Das Thema der 13. Triennale Kleinplastik, die noch bis zum 2. Oktober in der Alten Kelter in Fellbach gezeigt wird, hat den Tisch für das traditionelle Beiprogramm des Kulturamtes reich gedeckt. Seit Monaten nährt „Ökologie des Alltags“ das Fellbacher Kulturleben – mit Vorträgen, Diskussionen, Themenführungen, einer begleitenden Ausstellung in der Städtischen Galerie und Lesungen. Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu vor ein paar Tagen in ihrem Feuilleton von Kleinplastik, die man essen kann.

Am Samstag wurde in der Vinothek gelesen und gegessen. Das Buch von Anne Köhler „Ich bin gleich da“ gab den Stoff dazu, und Hanne Petzold, Wirtin der Vinothek, schuf dazu ein passendes Menü. Beide haben wohl lange an ihren Kreationen gefeilt, an das verspürt man bei der sensiblen Wortwahl, das erkennt man an den ungewöhnlichen Zutaten. Spannend und wohlschmeckend – sowohl das, was auf dem Teller war als auch die Häppchen, die die junge Autorin Anne Köhler aus ihrem Erstlingswerk servierte. Drei längere Textpassagen trug die 38-jährige Autorin vor, drei Gänge servierte Hanne Petzold. Somit dauerte die „Lesung mit Menü“ am Ende drei Stunden.

Protagonistin Elsa in Anne Köhler’s Buch scheint direkt aus dem Leben gegriffen

Protagonistin Elsa in Anne Köhler’s Buch scheint direkt aus dem Leben gegriffen. Sie hat genügend mit ihrem jungen Leben zu tun, muss den Tod des Vaters verarbeiten, sieht sich unvermittelt für die im Koma liegenden Mutter verantwortlich. Elsa soll sich in der Arbeitswelt zurechtfinden. Sie bringt die ungelernte Köchin von der Fastfood-Küche mit überdimensionalen Portionen, meist aus der Fritteuse, in die elitäre Welt eines Sterne-Restaurants in Hamburg, wo alle Handgriffe sitzen und wohl durchdacht sein müssen.

Aber eigentlich würde Elsa viel lieber ihrer Sehnsucht nach dem Meer nachgeben und Geborgenheit für ihre Gefühle finden. Georg ist nicht der Richtige, fühlt Elsa, als es zum Kuss im Kühlraum kommt. Jan wäre der Richtige, fühlt Elsa, aber damit steht sie alleine. Sie darf nur seine Mitbewohnerin sein. Zumindest nimmt Anne Köhler die rund 40 Zuhörer in der Vinothek nur bis zu diesem Punkt mit. Sie sollen hungrig bleiben auf das weitere Geschehen.

Schon vor einem Jahr wird das Menü zum Buch festgelegt

Aber nur auf das, denn hungrig im eigentlichen Wortsinn geht an diesem Abend niemand nach Hause. Dafür sorgt Hanne Petzold. Schon vor einem Jahr habe sie das Menü festgelegt, das sich genau an Köhler‘s Buch – das im Gegensatz zu vielen anderen ohne Rezepte auskommt – orientiert. Die Vorspeise kommt aus der Fritteuse – gebackene Champignons, Kräuterkroketten und natürlich Pommes. Danach wird Zweierlei vom Reh serviert, an einer ungewöhnlichen Röstkaffee-Sauce. Die Teller gehen leer zurück. Auch vom Karotten-Müsli mit Joghurt-Eis bleibt nichts übrig. Im Buch bleiben allerdings noch einige Seiten. Sozusagen als Nachtisch für den Tag danach, einen verregneten, nach Herbst riechenden Sonntag. Schließlich gilt es noch herauszufinden, was es mit dem Buch-Titel „Ich bin gleich da“ auf sich hat.