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Mit geheimen Ventilen und Magneten am Tankwagen zocken Betrüger bei der Heizöllieferung ab.

Stuttgart - Es ist ein Milliardengeschäft: Statt wertvollem Heizöl wird dem ahnungslosen Kunden bloß Luft verkauft. Die Profite sind enorm - und das Risiko, erwischt zu werden, ist für die Geschäftemacher minimal. Nur selten und mit großem Aufwand lässt sich der Betrug beweisen.

Der Mann aus dem Tankwagen ist die Ruhe selbst. Nichts deutet auf den Betrug hin. Routiniert schließt der Mann den Heizölschlauch an und startet die Pumpe. In 20 Minuten schießen 10015 Liter Heizöl in den Kellertank der Wohnanlage. So steht es auf dem Bon, den der Fahrer im Lkw-Führerhaus ausdruckt und dem Hausmeister zur Kontrolle überreicht. Doch der Bon ist das Papier nicht wert: Keine 10015 Liter - nur 9550 Liter Heizöl hat der Fahrer in den Tank gepumpt. Macht einige Hundert Euro Profit.

Als der Betrüger vom Hof rollt, schlagen Polizei und Eichamt zu. Der Fahrer wird vorläufig festgesetzt; sein Tanklastzug sichergestellt. Die Beamten wissen, dass sie einen dicken Fisch an der Angel haben: Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft aus dem Großraum Stuttgart hat einige Wochen zuvor anonym ein Video zugespielt bekommen. "Auf dem Film war schemenhaft zu erkennen, wie der Fahrer bei einer früheren Tour die Heizölmenge auf dem Bon fälscht", erinnert sich ein Kontrolleur. Den Film, der unter abenteuerlichen Bedingungen entstanden sein muss, hatte ein Konkurrent des Spediteurs ans Rathaus geschickt.

"Das ist einer der raffiniertesten Betrüger, den wir je erwischt haben", sagt Falk Seidel, Fachbereichsleiter für Tankwagen und Tankstellen bei der Eichdirektion Stuttgart. Erst als die Ingenieure die Heizölarmaturen des Tankwagens komplett ausgebaut und zerlegt haben, stoßen sie auf einen doppelten Boden, der mit einem Netz von Hohlbohrungen versehen ist. "Über eine Fernbedienung konnte der Fahrer einen Teil des Heizöls hinter dem Zähler zurück in den eigenen Tank pumpen", erklärt Seidel den Mechanismus. Solche Leitungen sind in der Heizölbranche legendär und haben - wegen der hohen Betrugsmargen - eine eigene Bezeichnung: Reibachleitung.