Der Trick: „Hier, Ihr Reifen ist kaputt“, sagt ein Täter, während ein Komplize die Handtasche aus dem Auto verschwinden lässt Foto: Uli Kraufmann

Diebesbanden schrecken vor nichts zurück: Am helllichten Tag wird ein Autofahrer in der Stuttgarter Innenstadt um mehrere Tausend Euro gebracht – indem sein Wagen mit einem Plattfuß lahm gelegt wird. Bei der rigorosen Trickdiebmasche mit der Panne spielt eine unbekannte junge Frau eine Rolle.

Stuttgart - Was vorwiegend von Rastplätzen an Urlaubsorten bekannt ist, kann sich auch mitten in Stuttgart abspielen: Trickdiebe legen die Autos ihrer Opfer mit einem Reifenschaden lahm – und lassen nach diesem rabiaten Ablenkungsmanöver die Wertsachen aus dem Wagen mitgehen. Einem 59-Jährigen passierte das mitten in der Innenstadt im Bereich des Kleinen Schlossplatzes. Die Polizei hat zu dem Fall, der sich am Donnerstagmittag abspielte, keine heiße Spur.

Eine alltägliche Situation: Ein 59-Jähriger parkt seinen Subaru in der Tiefgarage unterm Kleinen Schlossplatz, um mit seinem Begleiter in einer nahe gelegenen Bankfiliale in der Königstraße einen größeren Bargeldbetrag abzuheben. Dann kehrt er zum Wagen zurück, und beide verlassen das Parkhaus Richtung Theodor-Heuss-Straße. Was der Fahrer nicht weiß: Offenbar ist er schon längst ins Visier von Trickdieben geraten, denen die Aktion in der Bank aufgefallen war. Die Täter haben beim Ausparken schnell etwas unters Hinterrad gelegt.

Plötzlich winkt eine junge Frau

Die Männer merken nichts davon – bis draußen in der Ausfahrt eine junge Passantin ihnen zuwinkt und auf den hinteren Reifen zeigt. Der 59-Jährige stellt seinen Wagen um die Ecke in einer Parkbucht an der Theodor-Heuss-Straße ab und begutachtet den Schaden. Der Reifen ist beschädigt und platt. Zusammen mit seinem Begleiter macht er sich notgedrungen daran, an dem silberfarbenen Subaru den Reifen zu wechseln. „Die Männer haben ihre Aufmerksamkeit dem Ersatzrad gewidmet“, sagt Polizeisprecher Thomas Geiger, „ihnen ist dabei niemand aufgefallen.“ Auch die junge Frau ward nicht mehr gesehen.

So merkten die Opfer nicht, dass sich während des Reifenwechsels ein Unbekannter im Wagen bediente. Er wusste offenbar genau, dass sich unter mehreren Schriftstücken auf dem Armaturenbrett eine Geldmappe verbarg. Er verschwand mit mehreren Tausend Euro. Die junge Frau dürfte die Komplizin gewesen sein. Sie soll etwa 25 Jahre alt, 1,50 bis 1,55 Meter groß und dunkelhäutig sein. Sie trug ein schwarzbraunes Kopftuch und eine schwarze Strickjacke. Hinweise an die Polizei werden über Telefon 07 11 / 89 90 - 43 30 erbeten.

Eine Spur führt zu Tätern aus Nordafrika

Immerhin steckte im Reifen noch die Hinterlassenschaft der Täter – das Teil, das den Reifen beschädigte. Dies ergibt immerhin einen Hinweis auf die Handschrift der Masche. Offenbar war dies das Werk einer reisenden Bande, die sonst eher auf Rastplätzen an Urlaubsrouten zuschlägt. „Dass Trickdiebe ihre Opfer auch am Auto ablenken, ist zwar nicht neu“, sagt Polizeisprecher Geiger, „doch dass wirklich Reifen beschädigt werden, ist ungewöhnlich.“

Aber es kommt eben doch vor: Im April 2011 traf es einen Mercedes-Besitzer auf einem Supermarkt-Parkplatz in Möhringen, dessen Autoreifen zwei Risse aufwiesen. Als er sich darum kümmerte, flüchtete ein etwa 25-jähriger Täter mit der Geldbörse von der Mittelkonsole. 2007 verlor ein Messeaussteller auf dem Killesberg mit der Plattfuß-Masche seine Tageseinnahmen.

Wer steckt hinter solchen Taten? Mehr Licht ins Dunkel hat vor einigen Wochen die Polizei in Hannover bringen können. Dort wurden zwei Täter gefasst, die einer Volvo-Besitzerin mit Hilfe des Reifentricks die Geldbörse gestohlen hatten. Dabei handelte es sich um zwei 19-Jährige. Die beiden jungen Männer nordafrikanischer Herkunft, ohne festen Wohnsitz in Deutschland, landeten vor dem Haftrichter. http://www.stuttgarter-zeitung.de/polizeibericht