Ein vermeintlich sicheres Versteck für Wertsachen – mit dem Tonnen-Trick legen Trickbetrüger derzeit arglose Opfer herein Foto: Lichtgut/Horst Rudel

Dass Betrüger sich am Telefon als Polizisten ausgeben, ist nicht neu. Dass sie sich die Beute von den Opfern abholbereit vor die Haustür legen lassen, dagegen schon. Bei der Stuttgarter Polizei sind bereits 20 Anzeigen eingegangen.

Stuttgart - Warum sollte man seine Ersparnisse und den Familienschmuck in eine Plastiktüte stecken – und draußen in die Mülltonne werfen? Weil Wohnungseinbrecher dort am wenigsten danach suchen würden! Auf diesen seltsamen Gedanken ist eine 73-jährige Frau aus dem Stadtteil Mühlhausen nicht von alleine gekommen. Vielmehr hatte ihr das ein Kriminalbeamter am Telefon geraten. Der Mann war freilich ein Betrüger. Und Schmuck und Bargeld waren aus dem angeblich todsicheren Versteck prompt verschwunden. So viel ist sicher: Es waren nicht die Müllmänner.

Der ungewöhnliche Fall spielte sich am Montag gegen 21 Uhr ab – und er ist trauriger Höhepunkt einer neuartigen Trickbetrug-Serie. Dass sich Ganoven als Polizisten ausgeben, um die Vermögensverhältnisse ihrer Opfer auszuspähen, gehört schon lange zum Repertoire der Trickbetrüger. Neuerdings machen es sich die Täter zunutze, dass es derzeit eine Welle von Wohnungseinbrüchen in Stuttgart gibt. Sie rufen ihre Opfer an, behaupten, es sei eingebrochen worden und man müsse nun das Geldversteck prüfen. In anderen Fällen wird vor einem angeblich bevorstehenden Einbruch gewarnt.

„In diesen Tagen haben sich bei uns 20 Betroffene gemeldet, bei denen angebliche Polizeibeamte angerufen hatten“, sagt Polizeisprecher Stephan Widmann. Der Schwerpunkt lag dabei im Stadtteil Stuttgart-Süd. Tatsächlich ist dieser Bezirk einer der Schwerpunkte der Wohnungseinbrüche in der Stadt: Im vergangenen Jahr gab es dort 99 Einbrüche. Zum Glück beendeten die Angerufenen rechtzeitig das Gespräch.

Nur nicht in Mühlhausen, einem vergleichsweise ruhigen Bezirk mit 18 Einbrüchen im vergangenen Jahr. Dort meldet sich ein Mann telefonisch bei einer 73-Jährigen, sagt, er sei ein verdeckter Ermittler. Er kündigt ihr einen Einbruch an, der unmittelbar bevorstehe, und schüchtert so die Frau ein. Schließlich gibt er ihr den Ratschlag des Schmuck-Verstecks in der Mülltonne – und die Frau befolgt die Anweisungen. Erst am nächsten Morgen findet sie das alles sehr verdächtig – und schaut in den Mülleimer. Schmuck und Bargeld im Wert von mehreren Tausend Euro sind verschwunden.

Es liegt auf der Hand, dass hier überregional agierende Täter am Werk sind. Die Polizei hat nur wenig Hinweise – der Täter soll ein akzentfreies Hochdeutsch gesprochen haben. Mehr nicht. „Das Kripo-Dezernat für Eigentumsdelikte ermittelt“, sagt Polizeisprecher Widmann. Hinweise werden unter der Rufnummer 07 11 / 89 90 - 57 78 entgegengenommen.

Die Täter rufen oft mehrmals an

Im Bundesgebiet gibt es viele Beamte, die auf der Suche nach solchen falschen Polizisten am Telefon sind. Einen ähnlichen Fall gab es vor wenigen Wochen in München-Schwabing, wo ein angeblicher Beamter des Bundeskriminalamts einer 74-jährigen Frau telefonisch erklärte, dass sie in nächster Zeit selbst zu einem Einbruchsziel werden könnte.

Der Mann rief mehrfach an – und brachte die eingeschüchterte Frau schließlich dazu, Bargeld und Schmuck in eine Handtasche zu legen und diese vor der Wohnungstür abzustellen. Er begründete dies damit, dass zwei Polizisten vorbeikämen, um den Schmuck zu überprüfen. Dann passierte eine ganze Weile nichts – und die Frau wartete und wartete. Als sie schließlich nach ihrer Handtasche vor der Wohnungstür schaute, war der Inhalt verschwunden.

Weitere Fälle sind bei der Polizei in Köln angezeigt worden. Auch dort melden sich angebliche Kripobeamte und verbreiten mit angeblich bevorstehenden Einbrüchen Angst und Schrecken. Der Name der Betroffenen stehe auf einer Liste, die bei einem Einbruch gefunden worden sei. „Oft bieten die angeblichen Beamten an, den Schmuck abzuholen und in Sicherheit zu bringen“, so ein Polizeisprecher. In Sicherheit heißt natürlich: Die Beute landet in den Taschen der Trickbetrüger.

Eine Besonderheit gab es in Koblenz, wo ein falscher Polizeibeamter mehrere Frauen anrief und sie um Unterstützung zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität bat. Der Unbekannte, der sich in zwei Fällen sogar als „der Polizeipräsident“ ausgab, wollte von den Opfern die Kontonummer oder eine Geldspende für die polizeiliche Arbeit.

„Besonders auffällig ist, dass es sich bei vier Angerufenen um Frauen mit dem Vornamen Hannelore handelt“, so ein Polizeisprecher. Daher wird vermutet, dass sich die Täter, wie beim Enkeltrick, im elektronischen Telefonbuch Vornamen heraussuchen, die auf Senioren schließen lassen. Fast hätte es in Koblenz funktioniert: Eine betagte Frau hatte schon Bargeld bereitgelegt, als ein Familienmitglied noch rechtzeitig vor der Übergabe die echte Polizei alarmierte.