Alarm für die Polizei: Ältere Opfer werden wieder mit falschen Verwandten reingelegt Foto: dpa

Die dreiste Masche mit dem falschen Enkel am Telefon funktioniert weiterhin – in Stuttgart haben die Täter die nächsten 20 000 Euro erbeutet. Opfer wurde eine 84-jährige Frau aus Mühlhausen, die am Mittwoch die Geschichte vom Immobilienkauf ihres Enkels glaubte und dafür ihre Ersparnisse hergab.

Stuttgart - „Rate mal, wer hier spricht“ oder einfach nur: „Hallo, ich bin’s“ : Auf diese Weise wurde die 84-Jährige von einer unbekannten Anruferin zu unbedachten Äußerungen verleitet – und schon glaubte das Opfer, es mit der Ehefrau ihres Enkels zu tun zu haben. Kaum war das Vertrauen erschlichen, ging es bald auch schon ums Geld: Man habe eine Wohnung gekauft, doch jetzt gebe es kurzfristig Probleme mit dem Notar – ob man nicht kurzfristig mit ein paar Zehntausend Euro leihweise aushelfen könne?

Fatalerweise hatte die 84-Jährige hohe Bargeldbeträge in der Wohnung – und bot deshalb rund 20 000 Euro an, die sofort verfügbar seien. Ein Glücksfall für die Enkeltrick-Betrüger: Kein Bankschalter, an dem der Schwindel womöglich durch aufmerksame Angestellte beim Geldabheben auffliegen könnte. Die Betrügerin am Telefon schickte eine Komplizin, angeblich eine Mitarbeiterin des Amtsgerichts Stuttgart. Die 84-Jährige übergab ihr arglos das Geld – das damit auf Nimmerwiedersehen verschwand.

Die ermittelnde Kriminalpolizei hat nun recht wenig – aber immerhin eine Personenbeschreibung. Demnach ist die Geldkurierin etwa 24 Jahre alt, 1,70 Meter groß und korpulent, hatte am Mittwoch dunkle, zu einem Zopf gebundene Haare.

Kein Einzelfall: Bis Donnerstag wurden bei der Polizei acht weitere Enkeltrick-Fälle angezeigt – bei denen die Täter glücklicherweise erfolglos waren. „Die Betroffenen hatten rechtzeitig aufgelegt“, sagt Polizeisprecher Thomas Geiger.

Vier Angerufene hatten spätestens da Verdacht geschöpft, als die falschen Verwandten am Telefon höhere Geldsummen wollten. „Wir glauben, dass ältere Menschen aus Telefonbüchern nach Vornamen ausgesucht werden“, sagt Polizeisprecher Geiger, „der Rest ist Zufall.“ Zuletzt klingelte es in Möhringen, Vaihingen, Bad Cannstatt, Weilimdorf und Untertürkheim.

Dabei hatte zuletzt lange Zeit Funkstille geherrscht, nachdem Anfang Mai eine Frankfurter Tätergruppe von der Polizei ausgehoben wurde. Bis dahin hatte es binnen vier Monaten in der Region Stuttgart 266 000 Euro Beute gegeben. Hinter der falschen Nichte steckten Angehörige eines weitverzweigten Familienclans einer ethnischen Minderheit. Der Schwerpunkt wird in Polen vermutet.

Die jüngsten Vorfälle zeigen: Auch wenn die Polizei führende Mitglieder festnimmt – der Kreis der betrügerischen Anrufer ist mit 20 bis 30 Personen noch groß genug.