Attila Hildmann provoziert gerne und hat damit viel Erfolg. Foto: dpa

Der Vegan-Koch Attila Hildmann rastet auf Facebook aus, und fast alle schreiben darüber. Warum ist das eigentlich so?

Berlin/Stuttgart - Es ist nicht das erste Mal gewesen und es wird wieder passieren: Attila Hildmann, der seit einigen Jahren mit mehreren Kochbüchern zur veganen Küche großen Erfolg hat, inzwischen selbst vegane Produkte herstellen lässt und seit dem Frühjahr in Berlin-Charlottenburg einen veganen Imbiss betreibt, ist auf Facebook verbal ausgerastet. Der Anlass war eine Kritik im Berliner Tagesspiegel, in dem die Autorin an dem gastronomischen Angebot keinen guten Tofukrümel ließ.

Der größtenteils eher harmlose, durchaus differenzierte und witzige Text war für den Vegankoch Hildmann Anlass genug für eine Verbalklatsche der besonderen Art. Auf Facebook erteilte er der Journalistin Hausverbot, nannte ihren Text einen „Kackartikel“ und garnierte sein Posting mit einem Foto, auf dem er eine Art Pumpgun in der Hand hält, Bedrohung für Leib und Leben der gescholtenen Kritikerin sind impliziert.

Fühlte sich Attila Hildmann nun wirklich derart persönlich angegriffen, oder witterte er lediglich erneut eine Gelegenheit, sich mit einer provokanten Reaktion ins Gespräch zu bringen? Geklappt hat es jedenfalls bestens: Seit Tagen geistert das Thema durch die sozialen Medien und ist von den meisten Internetportalen der wesentlichen deutschen Medien aufgegriffen worden. Hildmann selbst befeuert die Berichterstattung mit weiteren Posts.

Diese Restaurants in Stuttgart bieten vegane und vegetarische Küche an.

Das macht er seit Jahren ziemlich erfolgreich. Für Aufregung sorgte vor rund zwei Jahren zum Beispiel seine Internet-Kochshow Vegangsta, in der der Vegankoch eine blonde Gangsterbraut lasziv in seine zuvor zusammengebrauten Leckereien beißen ließ. Auch damals sprangen zahlreiche Medien auf das Thema an und verschafften Hildmann die gewünschte Öffentlichkeit.

Veganismus bleibt ein Reizthema

Aber warum ist das so? Wer die Diskussionen mitverfolgt, der weiß, dass die vegane Ernährung in den sozialen Medien ein Reizthema ist. Artikel zu den Themen ziehen häufig zahlreiche Kommentare von Gegnern und Verfechtern des Veganismus nach sich. Entsprechend häufig werden die Artikel geklickt.

Am Ende der digitalen Erregungskurve stehen im Grunde nur Gewinner: Vegan-Promis wie Attila Hildmann oder auch der Fanta-4-Manager Andreas „Bär“ Läsker sind im Gespräch, was gut fürs Geschäft ist, die Medien hübschen ihre Klick-Statistik auf, und die Leser konnten mal wieder so richtig Dampf ablassen, was ja bisweilen die wesentliche Existenzberechtigung für Facebook zu sein scheint.

Das kann man gut oder schlecht finden, aber so funktioniert ein System, in dem die Reichweite eines Artikels das wesentliche Kriterium ist, nun einmal. Und über Dinge zu schreiben, die die Leser interessieren, ist ja per se nichts Schlechtes. Entscheidend ist wohl, wie sich ein Autor des Themas annimmt. Und da zeigt sich leider einmal mehr in dem aktuellen Shitstorm, der um Attila Hildmann tobt, dass die Sache – in diesem Fall das Für und Wider des Veganismus – meistens auf der Strecke bleibt.