Andreas (l.) und Marius Matz machen mit ihrer Rösterei ihr Hobby zum Nebenberuf. Foto: Caroline Holowiecki

Andreas und Marius Matz, Vater und Sohn, haben ihre Matz-Kaffeemanufaktur gegründet. Sie eröffnen in Harthausen eine eigene Rösterei. Es sind längst nicht die einzigen Bohnen von der Filderebene. Von den Folgen eines Trends.

Filder - Keine FFP2-Maske dieser Welt kann diesen Duft von der Nase fernhalten. Es riecht betörend nach Kaffee. Woher das kommt, ist schnell geklärt: In der Ecke steht eine mannshohe Röstmaschine. Sie ist das Herzstück des Start-ups Matz – und der Stolz von Andreas und Marius Matz. Vater und Sohn, beide aus Bonlanden, eröffnen an diesem Samstag ihre Kaffeemanufaktur an der Ortsdurchfahrt von Filderstadt-Harthausen. Zwei Produkte haben sie bislang kreiert: den Kaffee Anna und den Espresso Julia. Dabei sind sie Quereinsteiger. Marius Matz (31) ist Ingenieur, Andreas Matz (54) arbeitet im Medizintechnik-Vertrieb. Mit ihrer Mikro-Rösterei machen sie ihr Hobby zum Nebenberuf.

Die Grande Dame in der Gegend ist Hochland

Matz ist nicht der einzige Filder-Kaffee. Die Grande Dame in der Gegend ist Hochland. Die Rösterei wurde 1930 in Stuttgart gegründet, der Firmensitz ist seit 1968 in Degerloch. Heute werden hier 1000 Tonnen pro Jahr geröstet, sagt die Sprecherin Birgit Krauße. Jahresumsatz: etwa zwölf Millionen Euro. Auch immer mehr Start-ups machen in Kaffee. 2015 wurde in Sillenbuch Earlybird Coffee gegründet. Die Bohnen sind biologisch angebaut, fair gehandelt und klimaneutral. Letzteres wird durch eine Kooperation mit einer Stiftung erreicht, die Ausgleichspflanzungen in Mexiko vornimmt.

Die Drogeriekette dm hat das überzeugt. Seit 2019 gibt es Earlybird Coffee in allen deutschen Filialen. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Ganz neu auf dem Markt sind Espressobohnen der Marke „Mädchen & Jungs Kaffee“. Zwei Geschäftsleute aus Bonlanden haben jahrelang miesen Kaffee getrunken – und beschlossen, eigene Bohnen zu vertreiben. Geröstet wird in Berlin. Mit der Bäckerei Kurfess in Plattenhardt hat die junge Firma bereits den ersten Partner gefunden.

Es gibt einen Kaffee-Boom

Andreas Matz weiß, dass er nicht wenige Mitbewerber hat. „Wenn man sich mit dem Thema befasst, findet man viele“, sagt er. Tatsächlich berichtet die Hochland-Sprecherin Birgit Krauße von einem Kaffee-Boom. „Früher hatte Kaffee etwas Altes und Piefiges“, das habe sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Bars und neue Kreationen seien entstanden, es gebe allerhand teure Maschinen, „es wird eine richtige Wissenschaft“. Das Heißgetränk sei kein reiner Wachmacher mehr, sondern ein Genussmittel und ein Lifestyleprodukt. So empfindet es auch Andreas Matz: „Der Kaffee hat sein schlechtes Image abgelegt.“ Sein Sohn Marius fügt hinzu: „Die Kaffeekultur hat sich gewandelt.“

Die Bundesbürger haben Kaffeedurst. Laut dem Deutschen Kaffeeverband stieg der jährliche Pro-Kopf-Konsum 2019 von 164 auf 166 Liter, „Kaffee bleibt demnach weiterhin das beliebteste Getränk in Deutschland“, heißt es. Hinzu kommt: Grundsätzlich zieht das Thema Regionalität. Laut dem jüngsten Ernährungsreport „Deutschland, wie es isst“, veröffentlicht vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, ist 83 Prozent wichtig, dass ein Lebensmittel aus der Region kommt. Damit ist der Anteil seit 2016 (73 Prozent) und 2017 (78 Prozent) weiter gestiegen. Die Zahlen beziehen sich auf Forsa-Umfragen unter 1000 Verbrauchern.

„Slow Food“ als eine Erklärung

Kaffee wird freilich nicht hier angebaut, dennoch berichten die örtlichen Firmen davon, dass der Filder-Kaffee ankommt. Birgit Krauße von Hochland erklärt das Phänomen mit dem Begriff „Slow Food“, der seit ein paar Jahren die Lebensmittelbranche beherrscht – weg vom Schnellen und Beliebigen, hin zur intensiven Beschäftigung und zur Identifikation. „Von dem Bewusstsein profitieren wir“, sagt sie. Vater und Sohn Matz wollen genau das in Harthausen aufgreifen. In ihrem Laden zeigen sie dienstags, donnerstags und samstags am Nachmittag live, wie südamerikanische Bohnen zu Filderstädter Kaffee werden. Auch Verkostungen und Röstseminare wollen sie anbieten, wenn Corona es zulässt. Schon vor der Eröffnung sei die Resonanz „überwältigend“ gewesen. Viele Passanten hätten durch die Tür geschnuppert. Andreas Matz macht das Mut fürs Familienunternehmen. „Es ist so, dass wir sagen: Hoppla, wir liegen wohl nicht ganz falsch.“