Die EU will den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen drastisch verringern. Der Weg ist klar, über die Geschwindigkeit wird aber gestritten.
Schulter an Schulter streiten Peter Liese und Michael Bloss seit Jahren für dieselbe Sache. Beide Europaparlamentarier haben dem Klimawandel den Kampf angesagt, und ihr persönlicher Einsatz und die professionelle Ausdauer ist kaum zu unterschätzen. Doch im Moment herrscht schlechte Stimmung zwischen den Politikern. Der Grüne Bloss lässt den CDU-Mann Liese sogar über Twitter wissen, dass er persönlich „enttäuscht“ von ihm sei.
Kampf gegen klimaschädliche Treibhausgase
Das Ziel beider Politiker ist klar: sie wollen, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen verringert wird. Um das zu erreichen, wurde in der EU bereits 2005 das Emissionhandelssystem (ETS) eingerichtet. Es sieht vor, dass Unternehmen für den Ausstoß etwa von Kohlendioxid sogenannte Verschmutzungszertifikate brauchen, die sie entweder ersteigern müssen oder kostenlos zugeteilt bekommen. Da die Menge der zur Verfügung stehenden Zertifikate kontinuierlich sinkt und sie auch im Nachhinein gehandelt werden können, gibt es für Unternehmen einen großen Anreiz, ihre Emissionen soweit wie möglich zu reduzieren.
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„Der Emissionshandel ist das mächtigste Instrument der EU-Klimapolitik“ unterstreicht Michael Bloss, „er ist zentral für den Kohleausstieg in Deutschland.“ Um diese Entwicklung voranzutreiben und damit die EU ihre selbst gesteckten Klimaziele erreicht, sollen die Regeln in den kommenden Jahren deutlich verschärft werden. Doch ständig schwelt ein Streit über die Geschwindigkeit, mit der die Schritte getan werden sollen.
Diskussionen über den Emissionshandel
In diesen Wochen haben die Unterhändler nun in den Fraktionen des Europäischen Parlaments um die letzten Eckpunkte des EU-Emissionshandels gerungen und in wesentlichen Punkten auch eine Einigung erzielt. Herausgekommen ist ein EU-typischer Dschungel von Regelungen, Höchstgrenzen und Übergangsfristen. Nun wird darüber im zuständigen Umweltausschuss abgestimmt und in den kommenden Wochen schließlich im Parlament.
Peter Liese hebt vor allem ein sogenanntes Bonus-Malus-System hervor. Damit sollen innovative Unternehmen, die klimafreundlich produzieren, in Zukunft stärker belohnt werden. Sie erhalten zusätzliche Verschmutzungszertifikate, um die oft extrem teuren Investitionen in den Klimaschutz zu finanzieren. „Ich glaube, dass dies ein sehr wichtiger Schritt in Richtung unseres Zieles ist, die europäische Industrie zu dekarbonisieren, aber Europa nicht zu deindustrialisieren“, sagt der CDU-Politiker. Auch Michael Bloss äußerte sich nach den Verhandlungen zufrieden über das Ergebnis, zumal er immer wieder davor gewarnt hatte, „vor lauter Kompromissen darf der Klimaschutz nicht auf der Strecke bleiben“.
Die überaus heikle Frage des Benzinpreises
Einer der heikelsten Fragen ist allerdings nicht geregelt worden: Soll es einen zweiten Emissionshandel für Heizöl, Gas und andere Brennstoffe zum Heizen geben? Dieser sogenannte ETS 2 ist ein schwieriges Terrain, weil seine Einführung die Preise an den Zapfsäulen und die Heizkosten erheblich nach oben treiben könnte. Peter Liese betont, dass er bei den Verhandlungen im Umweltausschuss mehrere Kompromissvorschläge auf den Tisch gelegt habe, etwa eine Preisobergrenze oder das Vorziehen des sogenannten Klimasozialfonds, der die größten Härten abfedern könnte. Er sei enttäuscht, dass „meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen, inklusive der deutschen Sozialdemokraten und Grünen, immer nur sagen, was nicht geht“.
Ein Kampf mit harten Bandagen
Diesen rüden Vorwurf will Michael Bloss nicht auf sich sitzenlassen und twitterte eine Replik. Peter Liese argumentiere „unredlich“, tippte der Grünen-Politiker erzürnt und lässt erahnen, dass in den Verhandlungen auch mit harten Bandagen gekämpft wurde. „In deiner eigenen Fraktion hast Du erbitterten Widerstand“, schiebt Bloss den Schwarzen Peter zurück ins Lager der Konservativen.
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Der Widerstand gegen den ETS 2 geht tatsächlich quer durch die Fraktionen im Parlament und kommt vor allem aus den Staaten Mittel- und Osteuropas. Die befürchten, dass steigende Energiepreise durch den ETS 2 die Armut verschlimmern und es zu sozialen Spannungen und Protesten kommen könnten. Inzwischen hat der Krieg in der Ukraine Frage der Energiepreise in ganz Europa noch einmal dramatisch verschärft. Dass die EU in dieser Situation zusätzlich an der Preisschraube drehen könnte, ist mehr als unwahrscheinlich.